Der 10. Dialog der Religionen in der Spandauer Josua Gemeinde

Ehrengast Sigmar Gabriel

Swen Schulz, Raed Saleh und Sigmar Gabriel (Foto: Karin Schneider)
Swen Schulz, Raed Saleh und Sigmar Gabriel (Foto: Karin Schneider)

Eigentlich wäre das zehnjährige Jubiläum des Dialogs der Religionen ein guter Zeitpunkt gewesen um auf das bisher Erreichte zurückzublicken. Dafür blieb jedoch wenig Zeit, denn es entspannte sich schnell ein munterer Dialog zwischen den Teilnehmern über Religion, Konflikte zwischen Religionen und die positiven Seiten religiösen Engagements. Anwesend waren als Vertreter der Religionen Gideon Joffe, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Berlins, Jörg Gerasch, Pastor der Josua Gemeinde, und Chalid Durmosch als Vertreter junger Muslime, sowie die Organisatoren Raed Saleh, SPD-Fraktionsvorsitzender im Berliner Abgeordnetenhaus, und Swen Schulz, MdB.

Der Ehrengast des Abends, SPD-Parteivorsitzender Sigmar Gabriel, überraschte die Gäste gleich zu Anfang, als er sagte, er sei „eigentlich zum Zuhören und nicht zum Reden gekommen.“ Das stellte er auch sogleich unter Beweis, als er die Jugendlichen des Projektes „Stark ohne Gewalt“ befragte, die von ihrer Reise ins ehemalige Konzentrationslager Auschwitz berichteten. Ziel war, gerade auch Jugendlichen mit Migrationshintergrund diesen Teil der deutschen Geschichte näherzubringen und damit Verständnis für die Sensibilitäten im Umgang mit dem Dritten Reich zu wecken.

Verständnis für andere war beherrschendes Thema des Abends. Denn eine der Hauptursachen für Konflikte zwischen religiösen Menschen, so die einhellige Meinung der Religionsvertreter, sei das mangelnde Wissen über die anderen Religionen und manchmal auch über die eigene. Um zu erleben, wie man als Angehöriger einer anderen Religion wahrgenommen würde, sollten SchülerInnen einmal einen Tag mit einer Kippa oder einem Kopftuch herumlaufen, schlug Gideon Joffe vor.  Neben Glauben geht es bei Religion oft auch um Fragen der Identität. Gerade für viele Jugendliche mit Migrationshintergrund sei Religion eine Identitätsfrage, so Chalid Durmosch. Sie hätten das Gefühl in Deutschland als Ausländer zu gelten und in den Heimatländern ihrer Eltern als Deutsche. Über ihre Religion könnten sie sich aber eine eigene Identität schaffen, die sich einer fremden Definition entzöge.

Der Dialog verdeutlichte aber auch, dass es nicht nur einen interreligiösen Dialog braucht, sondern auch einen Dialog zwischen religiösen und nicht religiösen Menschen. Denn Konflikte und Unverständnis entstehen in Deutschland nicht nur zwischen Religionen, sondern betreffen auch immer häufiger das Verhältnis zwischen gläubigen und säkularen Menschen. Dies wurde auch aus den Fragen aus dem Publikum deutlich, wo etwa in Frage gestellt wurde, ob Religionen eigentlich mit dem Grundgesetz kompatibel sind, insbesondere bei der Gleichstellung von Frau und Mann. Sigmar Gabriel wand ein, dass die heutige liberale religiöse Haltung in Deutschland eine Entwicklung der letzten Jahre und Jahrzehnte sei. In den Anfangsjahren der Bundesrepublik seien in vielen Landstrichen auch Freundschaften geschweige den Ehen zwischen Protestanten und Katholiken schwierig gewesen.

Dass dies heute anders ist, bewies der 10. Dialog der Religionen recht eindrücklich. Nicht nur, dass der große Andrang darauf hindeutete, dass viele Menschen an einem Dialog und Wissen über andere Religionen interessiert sind, auch die Diskussion der geladenen Gäste zeigte, dass es sehr viele Gemeinsamkeiten gibt und ein hohes Maß an Toleranz auf allen Seiten. Der Bundestagsabgeordnete Swen Schulz zeigte sich zufrieden mit der Debatte: „Der Dialog, manchmal auch der respektvolle Streit ist nötig, damit wir uns gegenseitig verstehen und Konflikte vermeiden.“

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