Jaczo-Fest im Spandauer Ortsteil Gatow

Auf den Spuren einer alten Sage

Das Jaczo-Fest 2012 im Spandauer Ortsteil Gatow. Der Startschuss für das Wettschwimmen ist gerade gefallen. (Foto: Ralf Salecker)
Das Jaczo-Fest 2012 im Spandauer Ortsteil Gatow. Der Startschuss für das Wettschwimmen ist gerade gefallen. (Foto: Ralf Salecker)

Am Sonntag fand nun zum 2. Mal das Jaczo-Fest statt. Spandau und Charlottenburg-Wilmerdorf sind Schauplatz einer alten Geschichte, bei der Historie und Sage Hand in Hand gehen. Zwei eher versteckt liegende Bauwerke sind der greifbare Fingerzeig dafür.

Auf Spandauer Seite liegt dicht an der Gatower Straße der Jaczo-Turm, fast wie ein Wachturm am Beginn der Jaczo-Schlucht. Wahrscheinlich wurde er irgendwann um 1900 herum erbaut. Über seinen Erbauer, wie auch das genaue Datum der Errichtung des Turms, ist nichts bekannt. Ihm war es anscheinend eine Herzensangelegenheit, einen für alle sichtbaren Hinweis auf die dramatische Geschichte um Albrecht den Bären und Jaczo von Köpenick in Spandau zu haben.  Ein wenig hat es ihn wohl gewurmt, dass auf der anderen Seite der Havel, im Grunewald, ein passendes Denkmal existiert. Was dort drüben – auf der Halbinsel Schildhorn – ein König hat hinsetzen lassen, musste auch in Spandau möglich sein.

Beide Bauwerke, der Turm in Spandau und die Säule im Nachbarbezirk Charlottenburg-Wilmersdorf litten nicht nur unter mangelnder Aufmerksamkeit und dem nagenden Zahn der Zeit. Sandstein gehört nicht unbedingt zu den widerstandsfähigsten Materialien. Reliefs und Inschriften erodierten. Die Natur rückte beiden Bauwerken immer näher auf den Pelz.

Gerade dem Jaczoturm am Rande der Wilhelmstadt, einen Katzensprung vor Gatow gelegen, setzte der Vandalismus erheblich stärker zu. Fast alle Zinnen lagen im letzten Jahr noch am Boder verstreut herum. Der Förderverein historisches Gatow e. V. sorgte für eine Instandsetzung des Jaczo-Turms.

Das Jaczo-Fest 2012 im Spandauer Ortsteil Gatow. Die Gugel ist eine mittelalterliche Kopfbedeckung, die von den "frühen Punks" auch gerne "falsch herum" getragen wurde. (Foto: Ralf Salecker)
Das Jaczo-Fest 2012 im Spandauer Ortsteil Gatow. Die Gugel ist eine mittelalterliche Kopfbedeckung, die von den „frühen Punks“ auch gerne „falsch herum“ getragen wurde. (Foto: Ralf Salecker)

Auf der Insel Schildhorn bemüht sich der Verein Bürger für Schildhorn e. V. darum, diesen Ort wieder in das Blickfeld der Berliner zu rufen. In den 1880er Jahren strömte ganz Berlin dorthin, um Natur, Denkmal und die gastronomischen Angebote zu genießen. Früher war die Sandsteinsäule auf der Halbinsel Schildhorn eine weithin sichtbare Wegmarke. Heute liegt sie versteckt zwischen Bäumen. Keine Sichtachse ermöglicht einen Blick vom Hügel auf dem sie steht über die Havellandschaft hinweg. In naher Zukunft soll es wieder möglich sein. Die zu fällenden Bäume sind schon vor längerer Zeit markiert worden.

Ein Fest soll unterhaltsam von der Flucht des heidnischen Slawen Jaczo vor dem christlichen Askanier Albrecht den Bären erzählen. Dem Heiden gelingt die Flucht, nur weil er sich an den christlichen Gott wendet. Albrecht begründet mit seinem Sieg über die Slawen die Mark Brandenburg. Historisches Ereignis, Mythos und politisch-religiöse Verklärung sind die Bestandteile für einen spannenden Eintopf aus dem sich viel machen lässt …

Ein paar Ergänzungen durch Gabriele Birkenmayer

Das ist wirklich lebendiger Schulunterricht! Zu meiner Zeit hat es solch engagierte Lehrer nicht gegeben. Bei 45 Schülern in der Grundschulklasse wäre das wahrscheinlich auch schwierig gewesen (Anmerkung der Redaktion). Vielen Dank an Frau Birkenmayer für diese neuen Informationen!

Die erste Veranstaltung zum Jaczo-Turm war ein Schüler-Projekt der Paul-Moor-Schule zum Tag des offenen Denkmals am 11. September 2011 (Dies war also das erste „Jaczo-Fest“ mit Schildhornschwimmen).

Meine Klasse führte damals Sage auf und eine 6. Klasse hielt Vorträge über unsere Recherchen zum Jaczo-Turm: Wir haben ermittelt, dass der Turm auf jeden Fall vor 1900 gebaut worden sein muss (Angabe des 94-jährigen Enkels des Fabrikbesitzers, der das Grundstück 1900 erwarb).

Wir hatten das Glück, dass uns die Institutionen (Vermessungsamt / Grundbuchamt / Stadtgeschichtliches Archiv Spandau sowie Vermessungsamt Nauen, Kreisarchiv Belzig und Landeshauptarchiv Potsdam) Einsicht in Ihre Unterlagen gewährten.

Die Schwierigkeiten bei der Recherche ergeben sich daraus, dass das Grundstück des Jaczoturms zum „Seeburger Zipfel“ gehörte. Eine Grundbuchakte ist verschollen. Erst über das Vermessungsamt Nauen gelang es uns, zu ermitteln, dass das Grundstück des Jaczoturms früher zum „Ritter“-Gut Carolinenhöhe (später „Rieselgut“) gehörte. Welcher der Besitzer den Turm bauen ließ, konnte noch nicht nachgewiesen werden. Ich habe vor, die Recherche wahrscheinlich im Rahmen einer AG unserer Schule weiterzuführen.

Vielleicht finden sich Hobby-Heimatforscher, die sich die Mühe machen, im Stadtgeschichtlichen Archiv systematisch die alten Ausgaben des „Anzeiger für das Havelland“ zu durchforsten.

Emil Beringer (1853 – 1920)Farbenfabrikant,  Kommerzienrat, Stadtrat, (Charlottenburg)
Emil Beringer kaufte das Grundstück, um seine sich vergrößernde Fabrik an die Havel zu verlagern. Er hätte dort mit seinen Schiffen besser anlegen können. Durch den 1. Weltkrieg kam es nicht mehr zur Verlagerung.
Der Turm befand sich schon beim Kauf im Jahr 1900 auf dem Grundstück.

Nachfolgend ein paar Bilder vom Jaczo-Fest und Schildhornschwimmen 2012

About Ralf Salecker

Ralf Salecker, freier Fotograf und Journalist (www.salecker.info)