Rieselfelder Karolinenhöhe sollen für die Allgemeinheit erhalten bleiben

Tag der Rieselfelder in der Bezirksverordnetenversammlung

Rieselfelder Spandau: Foto Ralf Salecker; www.unterwegs-in-spandau.de
Rieselfelder Spandau (Foto: Ralf Salecker)

Wie schon unter „Vorerst kein Verkauf der Spandauer Rieselfelder“ berichtet, lag der rekordverdächtige Schwerpunkt in der Einwohnerfragestunde der Bezirksverordnetenversammlung am 29.8.2012 beim Thema Rieselfelder in Gatow.

Nicht nur Einwohner, Nutzer und Betroffene nahmen die Gerüchte um einen möglichen Verkauf von 3 Prozent der Fläche Spandaus zum Anlass, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Passend dazu war die Forderung, nach der Orte der Daseinsvorsorge in öffentliche Hand gehören. Sehr spannend ist eine Idee, die Spandauer Rieselfelder in Form einer Genossenschaft zu privatisieren. Spandaus Bürger könnten doch ihr Spandau erwerben – genauer gesagt einen Teil, also 3 Prozent. Die Frage ist nur, wer gträgt die laufenden Kosten?

Die Zählgemeinschaft aus SPD und GAL brachte in der in der Spandauer Bezirksverordnetenversammlung einen gemeinsamen Antrag (Drucksache – 0351/XIX) unter den Titel „Rieselfelder Karolinenhöhe für die Allgemeinheit erhalten“ ein. Dieser Antrag wurde in den Ausschuss „Natur-, Umweltschutz und Grünplanung“ überwiesen:

Drucksache – 0351/XIX – Das Bezirksamt wird beauftragt,

1.      sich bei den zuständigen Stellen mit Nachdruck dafür einzusetzen,

a)      dass die Verordnung zum Schutz der Landschaft der Rieselfelder Karolinenhöhe im Bezirk Spandau von Berlin, Ortsteile Spandau und Gatow vom 24.08.1987 in der zuletzt gültigen Fassung vom 15.12.1995 nicht verändert wird, die Rieselfelder wie bisher auch weiterhin der Naherholung, der landwirtschaftlichen Nutzung und der Biodiversität vorbehalten bleiben und die charakteristische landschaftliche Struktur der Rieselfelder erhalten bleibt.

b)      dass die Verkaufsabsichten der Berliner Wasserbetriebe bezüglich der Rieselfelder Karolinenhöhe oder Teile der Flächen sowie des Betriebshofes unterbunden werden.

c)      die Berliner Wasserbetriebe entsprechend dem Verursacherprinzip und der von den Berliner Wasserbetrieben erklärten Prinzipien des nachhaltigen Handelns sich dauerhaft der finanziellen Verantwortung für alle erforderlichen Maßnahmen stellt, die im Zusammenhang mit der vorhandenen Schadstoffbelastung stehen.

d)      dass seitens der Berliner Wasserbetriebe die öffentliche Zusage der Beteiligung der Betroffenen (z.B. Landschaftspflegeverband Spandau, AK Gatow) bei der Erstellung des Nachnutzungskonzeptes für die Rieselfelder Karolinenhöhe eingehalten wird.

e)      dass seitens der Berliner Wasserbetriebe das für den Februar 2012 avisierte Nachnutzungskonzept für die Rieselfelder Karolinenhöhe nach Fertigstellung, den zuständigen Stellen/Gremien zur Abstimmung vorgelegt wird.

f)        jegliche mit dem Landschaftsschutz, der stadtklimatischen Bedeutung und dem Artenschutzes (Biodiversität) unvereinbare Nutzung ausgeschlossen wird.

2.      für den Fall, dass seitens der Senatsverwaltung beabsichtigt ist, die Rieselfelder Karolinenhöhe von der derzeitigen planungsrechtlichen Festsetzung im FNP als Ver- und Entsorgungsanlagen/Zweckbestimmung Abfall/Abwasser zu entbinden oder die derzeitigen planungsrechtlichen Grundlagen zum Schutz der Rieselfelder nicht ausreichend sind, frühzeitig Vorsorge für die planungsrechtliche Festsetzung als Freifläche: Grünfläche/Feld, Flur und Wiese – in ausgewiesenen Teilbereichen mit landwirtschaftlicher Nutzung sowie den  Nutzungsbeschränkungen zum Schutz der Umwelt: Vorranggebiet für Luftreinhaltung – Schadstoffbelastete Böden – FFH-/Landschaftsschutz-/Naturschutzgebiet zu treffen.

Begründung:

Zu 1 a, c, d: Der beabsichtigte Verkauf von Flächen der Rieselfelder Karolinenhöhe an Dritte steht im eklatanten Widerspruch zu der herausragenden Bedeutung, die den Rieselfeldern Karolinenhöhe in den vergangenen Jahrzehnten attestiert wurde. Ob unter den Gesichtspunkten des Klimaschutzes, der Biodiversität oder der übergeordneten Erholungsfunktion – auch bei unterstellter bester Absicht des Käufers ist eine Veräußerung auch nur von Teilbereichen der Fläche langfristig nicht mit dem Vorrang des Gemeinwohls auch kommender Generationen vereinbar. Ebenso ist eine unverträgliche Nutzungsintensivierung auszuschließen. Dass hier vor der Abstimmung über das vorzulegende Nachnutzungskonzept Fakten geschaffen werden sollen, ist inakzeptabel.

Nach über 100 Jahre andauernder Verrieselung auf den Flächen erfordern die vorhandenen vielfältigen Schadstoffe – z.B. Blei, Cadmium, Nickel –  je nach Schutzzweck unterschiedliche Maßnahmen, die sich gegenseitig ausschließen. Ein abschließendes Sanierungskonzept kann es daher nicht geben, auch zukünftig sind die jeweils erforderlichen Maßnahmen entsprechend der aktuell vorrangigen Problemanalyse einzuleiten.

Zu 1 b: Es gilt das Verursacherprinzip. Erst recht für ein Unternehmen, dass sich nachhaltiges und verantwortliches Handeln laut Außendarstellung zur Maxime gemacht hat. Dennoch erklärten Vertreter/-innen der Berliner Wasserbetriebe im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung im Februar 2011, dass den Berliner Wasserkunden nicht zuzumuten sei, für Maßnahmen auf den Gatower Rieselfeldern zur Kasse gebeten zu werden. Dies bedeutet, das hier das Gemeinlastprinzip anzuwenden sei: Die Rechnung soll zukünftig ausschließlich aus dem Steueraufkommen beglichen werden. Alle Berliner/-innen sind Steuerzahler/-innen und alle Berliner/-innen sind Kunden/-innen der Wasserbetriebe – sie werden auf jeden Fall zur Kasse gebeten. Inakzeptabel ist aber, dass dies zugunsten der Rendite des Unternehmens erfolgen soll.

Zu 2: Für den Fall, dass die Aufgabe der Funktion Ver- und Entsorgungsanlagen mit der Zweckbestimmung Abfall/Abwasser planungsrechtlich im FNP nachvollzogen werden soll oder die derzeitigen Grundlagen – Zweckbestimmung gemäß FNP, Nichtbaugebiet gemäß Baunutzungsplan sowie  die geltende Landschaftsschutzgebietsverordnung – angesichts der öffentlichen Erklärungen keinen rechtlich wirksamen Schutz gegen eine unverträgliche Nutzungsintensivierung darstellen, sind frühzeitig die erforderlichen Absprachen und Vorbereitungen für eine planungsrechtliche Ausweisung und Schutz des Ist-Zustandes zu ergreifen. Die Entwidmung als Ver-/Entsorgungsanlage darf jedoch nicht mit einer Entlassung der Eigentümerin/Verursacherin aus der Haftung einhergehen.

 

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About Ralf Salecker

Ralf Salecker, freier Fotograf und Journalist (www.salecker.info)