Ersatzneubau der Freybrücke in Spandau kurz vor dem Start

Baubeginn an der Heerstraße im 1. Quartal 2013

Ersatzneubau der Freybrücke; Visualisierung: Bung Ingenieure AG, PPL GmbH
Ersatzneubau der Freybrücke; Visualisierung: Bung Ingenieure AG, PPL GmbH

Nun ist es amtlich. Das schon lang zuvor angekündigte Chaos für den Autoverkehr auf der Heerstraße (Bundesstraße 2/5) im Zuge des Ersatzneubaus der Freybrücke über die Untere Havel-Wasserstraße wird im 1. Quartal des Jahres 2013 seinen Anfang nehmen. 2015 soll die fertige Brücke für den Verkehr von Spandau nach Berlin und umgekehrt freigegeben sein. Wenn alles klappt, dann sind zu diesem Zeitpunkt 33 Millionen Euro verbaut – theoretisch. Das Land Berlin trägt einen Anteil von 5,4 Millionen, die Bundeswasserstraßenverwaltung ca. 11,4 Millionen und die Bundesfernstraßenverwaltung ca. 16,2 Millionen Euro.

Alte Freybrücke und Heerstraße von der Havel aus gesehen (Foto: Ralf Salecker)
Alte Freybrücke und Heerstraße von der Havel aus gesehen (Foto: Ralf Salecker)

„Während der Bauzeit kann es zu temporären Einschränkungen auf der Wasserstraße kommen. Weitere Informationen zum Baufortschritt und zu nötig werdenden, kurzen Behinderungen finden Sie zu gegebener Zeit auf dieser Seite oder unter: Wasserstraßen-Neubauamt Berlin

Lageplan zur Umgehungsstrecke für den Ersatzneubau der Freibrücke in Spandau
Lageplan zur Umgehungsstrecke für den Ersatzneubau der Freibrücke in Spandau

Schaut man sich andere große Bauprojekte an, dann wird kaum jemand viel Vertrauen in diesen Termin setzen. Autofahrer, die auf diese Verbindungsstrecke über die Havel angewiesen sind, hatten schon vorher schlaflose Nächte. Viele befürchten lange Staus bei der Nutzung der Behelfsbrücke. Schon die 30er-Zone im Bereich der Brücke sorgt regelmäßig für zäh fließenden Verkehr. Man darf gespannt sein, wie schnell sich die Autofahrer auf der Heerstraße an die Behelfsbrücke über die Havel gewöhnen können.

Zukünftig ist (von Spandau aus gesehen), kurz hinter dem Mahnkopfweg, ein Schlenker auf die Behelfsbrücke notwendig. Da diese Vierspurig ausgelegt sein wird, entsteht hier ein kleiner Flaschenhals. Zusammen, mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung, dürfte  der Verkehrsfluss weiter stocken. Trotzdem sollte sich die Verzögerung – nach einer Eingewöhnungsphase – in Grenzen halten. Nach der Überquerung der Havel geht es dann an der Kleingartenkolonie an den Tiefwerder Wiesen vorbei wieder rechts auf die Heerstraße.

Radfahrer und Fußgänger werden die Behelfsbrücke über die Havel ohne Schwierigkeiten nutzen können.

Ersatzneubau der Freybrücke

Skizze: Ersatzneubau der Freibrücke in Spandau (Bung Ingenieure AG, PPL GmbH)
Skizze: Ersatzneubau der Freibrücke in Spandau (Bung Ingenieure AG, PPL GmbH)

Der Neubau wird keine Kopie der alten Brücke sein. Sie ähnelt der alten Form, fällt aber etwas „luftiger“ aus, weil die senkrechten Stützpfeiler durch filigrane Verspannungen ersetzt werden. Ebenso, wie ihre Vorgängerin verfügt sie über 5 Fahrspuren und jeweils einen Fuß- und Radweg für jede Richtung.

Nicht alles Alte wird verschwinden. Die vorhandenen Treppenanlagen und Sockel sollen nach der Restaurierung wieder aufgebaut werden. Wahrscheinlich hätten sich viele eher das alte Geländer der Freybrücke wieder gewünscht.

Der Bauablauf soll wie folgt sein:

  1. Baubeginn im I. Quartal 2013
  2. Bauvorbereitende Maßnahmen
  3. Bau und Inbetriebnahme der auf Bohrpfählen gegründeten Behelfsbrücke; Leitungsumverlegungen
  4. Demontage der alten Brücke
  5. Herstellung von Uferwänden im Bereich der Wasserstraße, als rückverankerte Spundwandkonstruktionen mit Kopfbalken
  6. Bau eines Einleitbauwerkes für die Entwässerung (Berliner Wasserbetriebe)
  7. Herstellung der Tiefgründungen für die neue Brücke
  8. Vorfertigung des neuen Stahlüberbaus an Land
  9. Vorschub des Überbaus über die Havel
  10. Komplettierung der neuen Brücke mit Treppenanlagen, Postamenten, Beleuchtung, Verkehrsbeeinflussungsanlage sowie den Belangen der Ver-, Entsorgungs- und Telekommunikationsunternehmen
  11. Demontage der Behelfsbrücke

Heerstraße

1874 als Chaussee von Charlottenburg nach Pichelsberg angelegt und von 1903 bis 1911 als Döberitzer Heerstraße fertig gestellt, ist sie heute die wichtigste West-Ost-Verbindung von Spandau nach Berlin. Kaiser Wilhelm II. wollte damals eine Aufmarschstraße vom Berliner Schloss über Charlottenburg und Spandau zum Truppenübungsplatz Döberitz. 1920 kürzte man den Namen auf die heutige Variante. Bis 1966 verkehrten auf ihr sogar Straßenbahnen.

Über die Heerstraße fließt ein größerer Verkehrsstrom, als über die Ruhlebener Straße. Von Spandaus Ortsgrenze in Staaken aus, bis zum Theodor-Heuss-Platz verläuft sie fast schnurgerade – bis auf einen Knick am Scholzplatz – über 10 Kilometer Länge. Damit ist sie eine der längsten Straßen Berlins. Auf ihrer gesamten Länge entspricht sie der Bundesstraße 5. Im Teilstück Wilhelmstraße/Theodor-Heuss-Platz entspricht auch der Bundesstraße 2.

Freybrücke

Freybrücke nach der Sprengung; Fotograf/Quelle unbekannt.
Freybrücke 1945 – nach der Sprengung; Fotograf/Quelle unbekannt.

Der Denkmalschutz hat der 174 Meter langen Freybrücke wenig geholfen. In den Jahren 1908/1909 wurde sie unter dem Namen Havelbrücke als Verbindung zwischen Pichelsdorf und der Halbinsel Pichelswerder errichtet. 1913 wurde sie nach dem Leiter des Baus der heutigen Heerstraße, dem Charlottenburger Geheim- und Oberbaurat Adolf Frey, in Freybrücke umbenannt.

In den letzten Tagen des 2. Weltkrieges wurde die Brücke 1945 in Folge der Sprengung des südöstlichen Tragpfeilers teilweise zerstört. 1946 stütze man die in der Havel liegenden Brückenteile. 1947 beginnen auf Befehl der britischen Militärregierung die Vorbereitungen für den Wiederaufbau.

Die zerstörte Konstruktion blockierte die Havel. Unter Wiederverwendung alter Elemente baute man sie in den Jahren 1948 bis 1951 wieder auf. 2013, in ihrem 100. Jubiläumsjahr wird sie angerissen. Ein Neubau soll preisgünstiger sein, als die Restaurierung der alten Brücke.

Verkehrsprojekts Deutsche Einheit Nr. 17

Unabhängig von ihrem Bauzustand hätte es in jedem Fall einschneidende Veränderungen gegeben. Mit dem Verkehrsprojekts Deutsche Einheit Nr. 17 (VDE 17: Bundeswasserstraßenverbindung Rühen – Magdeburg – Berlin) wollte man eine Autobahn für große Containerschiffe auf dem Wasserweg errichten. Laut Bundesverkehrswegeplan von 1992 sollte der Ausbau auf 280 Kilometer Wasserweg eine Wassertiefe von vier Metern und eine Breite von 42 bis 77 Metern in Kurven erfolgen. Im Rahmen der dafür notwendigen Baumaßnahmen sollten viele Brücken angehoben, die Havel verbreitert und vertieft werden. In Spandau betrifft dies inzwischen nur noch die Freybrücke, als Brücke über die Untere havel-Wasserstraße (UHW).

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About Ralf Salecker

Ralf Salecker, freier Fotograf und Journalist (www.salecker.info)