Die radikale und rückwärtsgewandte Verkehrspolitik der CDU wird fortgesetzt
Die SPD stimmt dem zu. Schlechte Nachrichten für den ÖPNV, für Radfahrer und den Klimaschutz. Während weltweit eben diese Bereiche zukunftsorientiert ausgebaut werden – und ein wirtschaftliches Zukunftsmodell sind, will Berlin die Uhr zurückdrehen. Autofahrer dürfen sich über ein weiter so wie bisher freuen. Die von der CDU bei Wahlantritt angekündigte Pro-Auto-Politik wird fortgesetzt.
Berlin muss sparen. Das steht außer Frage. Kürzungen tun weh. Aus dem bisherigen Haushalt von 40 Milliarden Euro sind drei Milliarden Euro zu streichen. Es ist unmöglich, es allen recht zu machen. Wer notwendige Einsparungen vornimmt, wird sich immer mit Kritik auseinandersetzen müssen. So weit, so gut. Verantwortungsvolles Handeln sollte prinzipiell nachhaltig sein, nicht nur aus Klimaschutzgründen. Für die Großstadt Berlin fehlt ein vernünftiges Verkehrskonzept. Um die Notwendigkeit der Sparmaßnahmen zu begründen, verweist die CDU darauf, dass z.B. der Senat unter Wowereit mit einem deutlich geringen Etat ausgekommen sei.
Am stärksten sollen Verkehr, Umwelt, Kultur, Digitales und Wissenschaft/Bildung von den Einsparungen betroffen sein. CDU und SPD haben sich genau darauf geeinigt.
Die komplette Streichliste ist hier zu finden: www.morgenpost.de/berlin/article407717492/das-ist-die-komplette-spar-liste-der-koalition.html
Kleine Einsparliste
- Mobilität, Verkehr und Umwelt: 660 Millionen (18,5 Prozent des Etats)
- Maßnahmen zur Verbesserung des Radverkehrs: Zuschuss halbiert
- Verbesserung der Fahrrad-Infrastruktur: von 6,5 Millionen auf 4 Millionen Euro gekürzt
- Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr: Ausgaben halbiert
- Lärmminderung im Straßenland: 4 Millionen
- Hochschulbereich: >100 Millionen
- ÖPNV: 96 Millionen (Anschaffung Elektrobusse) + 100 Millionen allgemein + Streichung des 29-Euro-Ticket: 300 Millionen
- Sozialticket: Preiserhöhung von auf 19 Euro
- Abschaffung des kostenlosen Museumsbesuchs am 1. Sonntag im Monat: 2 Millionen Euro
Die geringen Kosten für das Anwohnerparken sollen trotz der erheblichen Sparzwänge in Berlin nicht angehoben werden. CDU-Fraktionschef Dirk Stettner verteidigt die Entscheidung der schwarz-roten Regierungskoalition, an den bisher 20,40 Euro (für zwei Jahre) für die Parkvignette festzuhalten. Ein Parkraumbewirtschaftungskonzept will CDU-Finanzsenator Dirk Stettner erst 2026 vorlegen. Dann wird möglicherweise auch über eine Steuerung der Einnahmesituation nachgedacht. An dem Inselkonzept einer teuren Magnetschwebebahn will die CDU trotz leerer Kassen festhalten.
In Berlin gibt es etwa 208.000 Anwohnerparkausweise (Stand 30. September). Die Zahl der Parkausweise wird sicherlich steigen, weil Berlin mehr Flächen als bewirtschaftete Parkräume ausweisen will. Die Beträge für das Anwohnerparken werden trotz der massiven Sparzwänge in Berlin nicht angehoben. Obwohl es in der Stadt ohnehin zu viele Autos gibt, eine Verkehrspolitik angesagt wäre, die den ÖPNV und die Radwege ausbauen müsste, soll nun das Gegenteil dessen geschehen.
Bei 10,20 Euro Gebühren pro Jahr entspricht dies gegenwärtigen Einnahmen von 2,12 Millionen Euro für ganz Berlin. Selbst bei einer sehr moderaten Anhebung auf 102,- Euro kämen demnach 21,2 Millionen Euro in die Kasse der Hauptstadt. Damit hätten Einsparungen in zukunftsorientierte Bereiche der Stadt vermieden werden können. Selbst 10 oder 20,- Euro wären ohne weiteres zu rechtfertigen. Wer ein Auto für 30.000 oder 40.000 Euro kauft, aber den Parkplatz kostenlos haben möchte, handelt egoistisch. Die Einsparungen im ÖPNV, bei Radwegen bedeuten dagegen rückwärtsgewandte Politik zu betreiben. Auch ohne eine Zunahme an PKWs in den Städten wird der Platz knapp. Seit dem Jahr 2000 sind die Autos im Schnitt etwa 30 % größer geworden. Der Platz in den Städten ist zu wertvoll, um ihn bevorzugt den Autos zu überlassen. Da der vorhandene Parkraum nicht zugenommen hat, wird immer häufiger – ungeahndet – der Raum der Fußgänger genutzt. Die Gefährdung der Fußgänger nimmt zu. Deren Schutz steht nicht auf der Agenda. Autofahrer verstehen dies natürlich als Aufforderung.
Eine moderate Erhöhung der Kosten für den Anwohnerparkausweis würde nur einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag an zusätzlichen Einnahmen gebracht, so der Regierende Bürgermeister Kai Wegner auf einer Veranstaltung in Spandau. Es lohne sich also nicht, so der dahinterliegende Gedanke! Autofahrer dürfen sich weiterhin darüber freuen, etwa 8 m2 Parkfläche für 85 Cent im Monat nutzen zu können. Die weiter unten folgende Berechnung zeigt, dass es leicht möglich wäre, einen zweistelligen Millionenbetrag zu erwirtschaften.
Da aber nicht nur die reine Stellfläche des PKWs gezählt werden dürfen, sondern auch die benötigte Fläche ringsherum, dann fällt die „verbrauchte“ Fläche deutlich größer aus. Parkplätze (auf öffentlichen Flächen) sind in der Regel zwischen 2,0 m (normaler Pkw-Stellplatz in Längsaufstellung) und 3,5 m (Stellplatz für Menschen mit Behinderung) breit. Je nach Anordnung des Stellplatzes kann die erforderliche Länge zwischen 5 m (senkrecht zur Straße) und 6,7 m (parallel zur Straße, beim vorwärts Einparken) betragen. Gemäß den „Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs (EAR)“ hat ein „Standard-PKW“ eine Länge von 4,88 m, eine Breite von 1,89 m und eine Höhe von 2,0 m. Daraus folgt eine Regel-Stellplatzbreite für einen Stellplatz in Senkrechtaufstellung nach den EAR 23 2,65 m und die Stellplatzlänge 4,20 m, also 11,66 Quadratmeter. Der sog. Normparkplatz wird größer, vor allem, da immer mehr SUVs zugelassen werden. Bildbeispiel a oder Bildbeispiel b – Übrigens: Wer die tatsächliche Breite seines PKWs wissen möchte, sollte sich nicht unbedingt auf die Wagen-Papiere verlassen. Oft ist nur die Breite ohne Außenspiegel angegeben. (Automaße vieler Fabrikate)
Der jetzige Betrag deckt noch nicht einmal die Verwaltungskosten ab. Der BUND Berlin hat recherchiert und kam zu folgendem Ergebnis:
Fast 1,3 Millionen Parkplätze gibt es an Berlins Straßen und Plätzen. Für jeden von ihnen fallen für die öffentliche Hand typische Kosten von monatlich 71 Euro für Errichtung, Unterhalt und den Bodenwert an. Das ergeben Daten aus einer Untersuchung des Heidelberger Instituts für Energie- und Umweltforschung (ifeu) für das Verkehrsministerium Baden-Württemberg. Das sind auf Berlin hochgerechnet fast 1,1 Milliarden Euro pro Jahr für die Bereitstellung großteils kostenloser Abstellmöglichkeiten für Privateigentum. Der wertvolle städtische Raum wird jedoch für Wichtigeres gebraucht, unter anderem für den Klimaschutz – Entsiegelung im Rahmen der Klimaanpassung, Verkehrsflächen für den Umweltverbund aus ÖPNV, Rad- und Fußverkehr, Wohnungsbau und vieles mehr.
Befindet sich der Parkplatz in einer Parkraumbewirtschaftungszone, kommen laut ifeu monatlich noch einmal 45 Euro hinzu – vor allem für das Kontrollpersonal. Da perspektivisch in der gesamten Berliner Innenstadt innerhalb des S-Bahnrings Parkraumbewirtschaftung eingerichtet wird, kann man für die Bewirtschaftung dieser rund 230.000 Straßenparkplätze noch einmal jährliche Kosten von über zehn Millionen Euro ansetzen.
Quellen:
www.klimaschutz-bewegt.de/wp-content/uploads/02_Kosten_Parkraum_ifeu_Zusammenfassung.pdf
www.rbb24.de/politik/beitrag/2024/11/parkvignete-erhoehung-debatte-konzept.html
www.berlin.de/aktuelles/9275007-958090-12-millionen-parkplaetze-neue-karte-zeig.html
Eine Digitalisierung der Beantragung und automatischen Verlängerung und Abbuchung eines Anwohnerparkausweises würde das Personal in den Bürgerämtern deutlich entlasten. Derzeit muss er alle zwei Jahre neu beantragt werden. Die zuständigen Personen könnten sinnvollere Tätigkeiten ausüben, von denen es in Berlin genügend gibt. Jetzt werden unnötig Steuergelder und Arbeitskapazitäten verschwendet.
Anwohnerparken: Kosten pro Jahr
• Berlin 10,20 Euro
• Bochum: 22 Euro
• München: 30 Euro
• Düsseldorf: 30 Euro
• Köln: 30 Euro (ab 2024: 100 bis 120 Euro – abhängig von der Größe des Autos)
• Potsdam: 30 Euro (künftig 120 Euro)
• Dresden: 30 Euro (künftig 120 bis 240 Euro)
• Magdeburg: 30,70 Euro
• Kiel: 30,70 Euro
• Leverkusen: 60 Euro (ab 2026: 90 Euro)
• Hamburg; 65 Euro
• Bremen: 75 Euro
• Offenbach: 75 Euro
• Osnabrück: 90 Euro (ab 2024: 140 Euro)
• Mannheim: 96 Euro (ab 2025: 127,50 Euro)
• Koblenz: 100 Euro (ab März 2024: Extragebühr je nach Länge und Breite des Fahrzeugs)
• Heidelberg: 120 Euro
• Frankfurt/Main: 120 Euro
• Neuss: 120 Euro
• Reutlingen: 120 Euro
• Tübingen: 120 bis 180 Euro
• Wiesbaden: 120 Euro
• Wolfsburg: 120 Euro
• Bonn: 180 Euro (ab März 2024: 360 Euro)
• Karlsruhe: 180 Euro
• Ludwigshafen: 180 Euro
• Kaiserslautern: 200 Euro
• Freiburg: 200 Euro
• Trier: 200 Euro
• Ulm: 200 Euro
• Münster: 260 Euro
(Daten: t-online: www.t-online.de/mobilitaet/id_100344816/anwohnerparkausweise-in-deutschen-staedten-so-teuer-sind-sie-jetzt-schon.html)