Der AfD-Kandidat Otti wurde erst im 3. Wahlgang zum Stadtrat gewählt
Helmut Kleebanks (SPD) Wahl zum Bezirksbürgermeister von Spandau war schon im 1. Anlauf erfolgreich, wenn auch nur mit der gerade notwendigen Mehrheit von einer Stimme. Eindeutiger verliefen die Wahlen des stellvertretenen Bezirksbürgermeisters und Stadtrat, Gerhard Hanke (CDU), sowie der beiden Stadträte Stephan Machulik (SPD) und Frank Bewig (CDU). Nur die Wahl des Kandidaten der rechtspopulistischen AfD, Andreas Otti, machte drei Wahlgänge notwendig.
Die Wahl fand geheim statt. 55 Bezirksverordnete konnten ihre Stimme abgeben. Für eine Mehrheit waren mindestens 28 Stimmen notwendig. Die Zählgemeinschaft aus SPD, GRÜNEN und LINKEN plus die Stimmen der FDP, die sich vorab für Helmut Kleebank ausgesprochen hatte, konnte theoretisch 20 + 4 + 3 + 3 = 30 Stimmen in die Waagschale werfen.
Das Interesse an der Wahl war groß. Fernsehen, Rundfunk und Printmedien waren zahlreich vertreten. Abgeordnete von CDU und SPD waren vor Ort und auch der ehemalige Bezirksbürgermeister Sigurd Hauf schaute zu. Beide Zuschauertribühnen waren bis auf den letzten Platz gefüllt. Schon kurz nach der letzten Bezirksverordnetenversammlung gab es keine Karten mehr. Erfahrungsgemäß wird dies in Zukunft kaum mehr der Fall sein. Viele Bürger fühlen sich von der Politik allein gelassen, nutzen aber nicht die vorhandenen Möglichkeiten der Information und Beteiligung.
Reden vor der Wahl
Der SPD, als stärkster Fraktion stand das Vorschlagsrecht für den Posten des Bezirksbürgermeisters zu. Diese Wahl wurde schon wochenlang zuvor in den Medien thematisiert. Sondierungsgespräche von SPD und CDU wurden von der CDU beendet.
Arndt Meißner, der Fraktionsvorsitzende der CDU in Spandau machte zu Anfang deutlich, dass seine Fraktion die Wahl von Helmut Kleebank grundsätzlich ablehnen würde, weil er ihrer Ansicht nach kein guter Bezirksbürgermeister gewesen sei. Er hätte in den letzten 5 Jahren Politik zum Schaden des Bezirkes gemacht. Die CDU möchte einen Politikstil der Blockbildung zukünftig nicht mehr unterstützen, dabei bezog er ausdrücklich das Verhalten der CDU in den letzten Jahrzehnten mit ein. Zählgemeinschaften wären also nicht mehr diskutabel, schließlich bedeuteten diese im Regelfall, dass Entscheidungen von vornherein festständen. Zukünftig soll die beste Idee siegen. Die CDU habe in letzter Zeit auf dieser Basis interessante Gespräche geführt – auch mit der LINKEN und der AfD. Wie auch immer die Wahl zum Bezirksamt ausgehen sollte, sie würden das Ergebnis respektieren und wünschten sich konstruktive Auseinandersetzungen für die Zukunft.
Zur Wahl des Bezirksamtes gibt es Video von Spandau-TV von Rainer Sauff
Christian Hass, der Fraktionsvorsitzende der SPD betonte noch einmal, dass die SPD die stärkste Fraktion stellt. Er lobte den transparenten und soliden Stil Helmut Kleebanks als Bezirksbürgermeister, der bei den meisten Wähler gut angekommen sei. Kritisch äußerte er sich zu seinem Vorredner. Es genüge eben nicht, nur ein „Papier der besten Ideen“ zu präsentieren. Die CDU müsse endlich akzeptieren, dass sie nicht mehr die stärkste Fraktion ist. Er kehrte den Blockadevorwurf der CDU um, schließlich hätte diese ja die Sondierungsgespräche verlassen. Zusätzlich betonte er die konstruktiven Gespräche der SPD mit GRÜNEN, LINKEN und der FDP. Christian Hass wünscht sich nicht nur eine gute Zukunft für das politische Wirken innerhalb Spandau, sondern auch ein ebenso gutes Einwirken bei den richtigen Stellen in Berlin, zu Gunsten des Bezirks.
Der AfD-Kandidat brauchte drei Wahlgänge
Sitzverteilung in der Spandauer BVV: SPD 20; CDU 16; AfD 9, GRÜNE 4, LINKE 3 und FDP 3.
Wahl des Bezirksbürgermeisters: Helmut Kleebank erreichte im ersten Wahldurchgang 28 von 55 Stimmen, 27 votierten gegen ihn. Damit hat er exakt die notwendige Mehrheit erreicht. Zwei der möglichen 30 Stimmen hatte es sich anscheinend anders überlegt.
Wahl des stellvertretenden Bezirksbürgermeisters: Gerhard Hanke erreichte im ersten Wahldurchgang 29 von 55 Stimmen, 25 votierten gegen ihn, eine Stimme enthielt sich. Die Wahl war erfolgreich.
Wahl des Bezirksstadtrates Stephan Machulik: Er erreichte im ersten Wahldurchgang 45 von 55 Stimmen, 8 votierten gegen ihn und zwei Stimmen waren ungültig. Die Wahl war erfolgreich.
Wahl des Bezirksstadtrates Andreas Otti: Im ersten Wahlgang erreichte er nur 25 von 55 Stimmen. 30 Stimmen votierten gegen ihn. Damit wurde er im ersten Wahlgang nicht gewählt. Der Fraktionsvorsitzende der AfD Wolfgang Werner beantragte eine Sitzungsunterbrechung und anschließend einen zweiten Wahlgang.
Anne Düren, von der LINKS-Fraktion forderte, die CDU solle sich darauf besinnen, was sie dem Bezirk antun würden, sollten sie die AfD weiterhin unterstützen. Christian Hass betonte, die CDU würde mit der AfD einen Block bilden.
Im zweiten Wahldurchgang wäre nun eine einfache Mehrheit zur erfolgreichen Wahl notwendig gewesen. Trotzdem erreichte Andreas Otti nur 27 von 55 Stimmen. 27 Stimmen votierten gegen ihn, bei einer Enthaltung. Damit wurde er auch im zweiten Wahlgang nicht gewählt.
Daraufhin beantragte Wolfgang Werner eine Einberufung des Ältestenrates. Er sah in den beiden vorangegangenen Wahlgängen eine peinliche Aktion auf Kosten der Bürger – schließlich hätten ja alle ihre Stadträte…
30 Minuten später ließ der Ältestenrat verkünden, dass es keinen konkreten Grund für eine Ablehnung des AfD-Kandidaten Otti gäbe. Wer sich bei der Wahl mit dem Stimmzettel enthalten wolle, solle einfach nichts anstreichen und den Zettel einfach so einwerfen.
Wolfgang Werner zeigte sich froh darüber, dass die Form nun gewahrt wäre und beantragte einen dritten Wahlgang. 28 Bezirksverordnete stimmten für den AfD-Kandidaten, 23 votierten dagegen und 4 enthielten sich der Stimme. Nun war auch seine Wahl erfolgreich. Otti selbst meinte dem Tagesspiegel, dass es nur strategische Gründe gewesen seien, die seine Wahl hinausgezögert hätten, schließlich gäbe es keine großen inhaltlichen Differenzen.
Anschließend konstituierte sich das Bezirksamt. Die Stadträte wurden vereidigt. Der aus der Politik ausscheidende Baustadtrat und ehemalige stellvertretende Bezirksbürgermeister Carsten Röding wurde verabschiedet ausdrücklich für seine Verdienste gewürdigt.
Die Zukunft in der Spandauer Bezirksverordnetenversammlung verspricht spannend zu werden. Auch wenn Otti die inhaltlichen Unterschiede zu den anderen Fraktionen herunterredet, werden nicht alle diese Meinung teilen. Die CDU ist gegen eine grundsätzliche Blockade der AfD. Sechs Fraktionen sind in der Bezirksverordnetenversammlung vertreten. Alle werden sich profilieren wollen und müssen, schließlich stehen irgendwann wieder Wahlen an. Differenzen und Streit werden also nicht ausbleiben. Es bleibt zu hoffen, dass der Wettbewerb im Sinne Spandaus nur über Inhalte ausgetragen wird und nicht, wie in den vergangenen Jahren den Eindruck einer oft äußerst persönlichen Auseinandersetzung aufkommen ließ. Frei nach dem Motto: „Weil Du dafür bist, bin ich dagegen…“.
Ressortverteilung im neuen Bezirksamt Spandau
Geschäftsbereich 1: Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank
Abteilung Finanzen, Personal, zentrale Aufgaben, Schule und Sport
- Serviceeinheit Finanzen
- Serviceeinheit Personal
- Schul- und Sportamt
- Steuerungsdienste
- Rechtsamt (inkl. Datenschutzbeauftrage/r)
- Pressestelle, Internet- und Intranetredaktion
- Ehrenamtsbüro / Zentraler Veranstaltungsdienst
- Senioren- und Behindertenbeauftragte/r
- Beauftragte/r für Partnerschaften
- Frauen-, Gleichstellungs- und Genderbeauftrage/r
- Migrations- und Integrationsbeauftragte/r
- Stabsstelle Integrationsmanagement
Geschäftsbereich 2: Stellvertretender Bezirksbürgermeister und Bezirksstadtrat Hanke
Abteilung Soziales, Wirtschaftsförderung, Weiterbildung und Kultur
- Amt für Soziales
- Sozialkommission
- Wirtschaftsförderung (inkl. Fördermittelakquise, -management und –koordination sowie Europabeauftragte/r und Bezirkliches Bündnis für Wirtschaft und Arbeit)
- Amt für Weiterbildung und Kultur
Geschäftsbereich 3: Bezirksstadtrat Stephan Machulik
Abteilung Bürgerdienste, Ordnung und Jugend
- Amt für Bürgerdienste
- Ordnungsamt
- Jugendamt
- Kinder- und Jugendbeauftragte/r
Geschäftsbereich 4: Bezirksstadtrat Andreas Otti
Geschäftsbereich Facility Management, Umwelt- und Naturschutz
- Serviceeinheit Facility Management
- Umwelt- und Naturschutzamt
Geschäftsbereich 5: Bezirksstadtrat Frank Bewig
Abteilung Bauen, Planen und Gesundheit
- Straßen- und Grünflächenamt
- Projekt „Raum für Kinderträume“
- Stadtentwicklungsamt
- Sozialraumorientierte Planungskoordination
- Gesundheitsamt
- OE Qualitätsentwicklung, Planung und Koordination des öffentlichen Gesundheitsdienstes
Unwählbar bis unscheinbar: Die AfD auf Bewährung
Fotos von der Wahl zum Spandauer Bezirksamt 2016