Der Münsingerpark vor dem Rathaus Spandau

Ein kleiner Ort der Ruhe, von Trubel umgeben

Münsingerpark im Herbst (Foto: Ralf Salecker)
Münsingerpark im Herbst (Foto: Ralf Salecker)

Schräg gegenüber dem Rathaus Spandau gibt es eine fünf Hektar große Grünanlage mit schönem Baumbestand, durch welche die meisten nur hindurchhasten, um zu ihren Bussen zu gelangen: den Münsingerpark. Der Platz vor dem Park kommt also nur selten zur Ruhe. Trotzdem findet jeder, der sich in den Park begibt, ohne Probleme eine ruhige Ecke, fernab des Lärms. Mitten im Park steht ein Mammutbaum, der 1960 als Geschenk der Partnerstadt Luton vom Bezirksamt Spandau gepflanzt wurde – im Beisein des British Resident Officer Oberst Banfield. Der markanteste Punkt am Park ist die Ellipse mit Spandaus berühmtester Eisdiele Florida. Ein breiter Weg, der Teil des überregionalen Radweges zwischen Berlin und Falkensee ist, leitet Radfahrer und Fußgänger bei Bedarf schnell durch den Park hindurch. Kleine Wege dagegen führen zu ruhigen Oasen mit Parkbänken zwischen Büschen, die den Trubel der Umgebung vergessen lassen.

Viele nutzen den Münsingerpark, um vom Rathaus schräg zur Seegefelder Straße abzukürzen, oder den direkten Weg zur Galenstraße zu nutzen. Früher war dies für viele der Weg zum Finanzamt, heute residiert das Ordnungsamt dort. Direkt hinter der Galenstraße schließt sich der Georg-Ramin-Grünzug an, über den ein abwechslungsreicher Weg nach Westen in und durch den Spektegrünzug führt. Über den Spektesee und die Spektelake hinaus gelangen Spaziergänger und Radfahrer vom Rathaus aus nach vielen Kilometern bis nach Falkensee.

Südlich des Amtsgerichts trocknet ein eckiger Brunnen aus Waschbeton vor sich hin, der 1966 aufgestellt wurde. Ein anderes Kunstwerk am entgegensetzten Ende des Parks, eine Vogeltränke, lässt sich weder datieren noch einem Künstler zuordnen. Nahe dem Mühlsteinbrunnen finden sportliche Besucher auf einer Multifunktionsfläche aus Asphalt zwei Streetballkörbe und Pfosten für ein Volleyball- oder Badmintonnetz vor. Neben dem Brunnen ist eine Fläche zum Boulespielen angelegt.

Rathausvorplatz

Münsingerpark im Herbst (Foto: Ralf Salecker)
Münsingerpark im Herbst (Foto: Ralf Salecker)

Kaum einer weiß heute mehr, das der Rathausvorplatz auf dem unbefestigten Gelände vor der Festung Spandau angelegt wurde. Ebenso wie das Rathaus selbst lag er nicht innerhalb der „Altstadt“. Ursprünglich war vor dem Rathaus keine Grünfläche geplant. Auf einem symmetrischen Vorplatz sollte vielmehr ein großes Stadttheater, ebenso breit, wie das Rathaus selbst, kunstbeflissenes Publikum locken. Daraus wurde jedoch nichts. Am 1.8.1914 wurde die allgemeine Mobilmachung ausgerufen. Der Erste Weltkrieg ließ anderes wichtiger erscheinen.

Am 24.9.1952 beschloss die Spandauer Bezirksverordnetenversammlung, den Rathausvorplatz neu zu begrünen und ihn nach dem ehemaligen Bezirksbürgermeister von Spandau Gottlob Münsinger zu benennen. Gerade einmal zehn Jahre trug der Platz diesen Namen. Mit dem Bau des Altstädter Rings musste der Platz 1962 weichen.

Heute ist die große Kreuzung zwischen Bahnhof und Rathaus ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt – zum einen für den Autoverkehr, aber auch für den öffentlichen Nahverkehr: Nirgendwo in Spandau fahren mehr Busse ab.

Wer war Gottlob Münsinger?

Münsingerpark im Herbst (Foto: Ralf Salecker)
Münsingerpark im Herbst (Foto: Ralf Salecker)

Geboren wurde Gottlob Georg Friedrich Münsinger am 19.2.1873 in Schaffhausen. In Stuttgart besuchte er die Volksschule, erlernte den Beruf des Mechanikers. Nach dem Militärdienst ging er als Geselle auf Wanderschaft. Später, im Jahr 1908, übernahm er die Geschäftsführung des Deutschen Metallarbeiterverbandes in der brandenburgischen Stadt Rathenow. Hier begann seine politische Karriere als Stadtverordneter. Lange hielt es ihn allerdings nicht in der kleinen Stadt.

In Spandau war derweil (1903) der Festungsstatus aufgehoben worden. Zwischen 1908 und 1910 trug man die alten Festungsanlagen ab.  Und man beschloss, sich ein neues Rathaus zu gönnen. Der Platz für den neuen Regierungssitz sollte vor den Toren der Stadt, auf der ehemaligen Bastion I, liegen. Fertiggestellt wurde es 1913. Als Bevollmächtigter des Deutschen Metallarbeiterverbandes zog es Münsinger 1912 nach Köln und im Rahmen der allgemeinen Mobilmachung 1914 zur Armee. 1918 wurde er Vorsitzender des Aufsichtsrates der Firma Siemens und Halske, die 1897/89 am Nonnendamm ihren Firmensitz hatte.

Auch in Berlin verschlug es Münsinger in die Politik. Am 23.2. 1919, nach Krieg, Revolution und Bildung der ersten deutschen Republik, wurde über die Zusammensetzung einer neuen Berliner Stadtverordnetenversammlung, dem Kommunalparlament der Stadt, erstmals von Männern und Frauen nach dem allgemeinen und gleichen Wahlrecht entschieden. Im gleichen Jahr wählte man den Sozialdemokraten Münsinger in eben jenes Parlament. Zwei Jahre nach Spandaus Eingemeindung nach Berlin wurde Münsinger 1922 erst Bezirksverordneter, dann unbesoldeter Bezirksstadtrat für Spandau. Es ging aufwärts mit seiner politischen Karriere in Spandau. Die Bezirksversammlung wählte Gottlob Münsinger 1925 zu ihrem Vorsitzenden. Ab 1927 war er besoldeter Stadtrat und Stellvertreter des Bezirksamtsvorsitzenden und ab 1928 außerdem Stadtrat im Magistrat von Berlin. Heute wäre das so, als wenn man gleichzeitig im Spandauer Bezirksamt und im Abgeordnetenhaus von Berlin sitzen würde. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 verlor Münsinger seine Ämter.

Nach dem Krieg war Berlin in vier Sektoren aufgeteilt. Es gab starke Bestrebungen, KPD und SPD zur SED zu vereinigen. Gottlob Münsinger sprach sich 1946 energisch dagegen aus. Von 1946 bis 1949 war er der dritte Bürgermeister Spandaus.

In Würdigung seiner in 40-jährigen kommunalen Arbeit, davon 30 Jahre in Spandau, und seiner Verdienste um die Selbstverwaltung der Gemeinden, verlieh die Stadtverordnetenversammlung von Berlin Gottlieb Münsinger zu seinem 75. Geburtstag den Titel eines Stadtältesten von Groß-Berlin. Er war damit der erste, dem nach dem Zweiten Weltkrieg diese Ehre zuteilwurde. Kurz nach seinem Geburtstag verstarb er. Seine letzte Ruhe fand er in einem Ehrengrab auf dem Friedhof In den Kisseln.

Neugestaltung des Parks

Die letzten Jahrzehnte hinterließen ihre Spuren im Münsingerpark. In einigen Bereichen war er wild zu gewuchert, an anderen Stellen hatten unzählige Fußgänger auf ihrem abkürzenden Weg zwischen Bahnhof und Rathausvorplatz Schneisen in den Rasen getrampelt. Um Spuren wie diese zu beseitigen, wurde der Münsingerpark in den vergangenen Jahren für rund zwei Millionen Euro neu gestaltet und außerdem mit einem neuen Spielplatz ausgestattet. Dieser ist als wegbegleitendes Spielband konzipiert mit Angeboten für Kinder und Jugendliche wie Schaukeln, Rutschenhügel, Gurtsteg, Trampolin, Wasserspiel, Skaterfläche und Tischtennisplatten.

Sogar die Vergangenheit spiegelt sich in der neugestalteten Anlage wider: „Erdskulpturen, ein Treppenplatz und ein lineares Spielband vermitteln im Zusammenspiel mit den neuen Wegeführungen den Verlauf der ehemaligen Verteidigungsanlagen und werden als gestalterische Akzente mit besonderen Nutzungsschwerpunkten ausgeformt.“

 

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Spandau-Kalender 2014 - Titelbild
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Postkarte: Typo-Motiv aus Spandau – Spandau ist eine Wolke; auch als großes Poster erhältlich
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Postkarte: Motiv-Mix Altstadt Spandau  Fotograf: Ralf Salecker
Postkarte: Motiv-Mix Altstadt Spandau
Fotograf: Ralf Salecker

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Postkarte: 100 Jahre Rathaus Spandau  Fotograf: Ralf Salecker
Postkarte: 100 Jahre Rathaus Spandau
Fotograf: Ralf Salecker

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About Ralf Salecker

Ralf Salecker, freier Fotograf und Journalist (www.salecker.info)