Ein Platz, der viele Plätze war und mehrere Namen trug
Friedlich liegt der Reformationsplatz in der Spandauer Altstadt am Fuße der Nikolaikirche. Nur ab und an tobt hier das Leben, z. B. alljährlich zum Weihnachtsmarkt und bei Stadtfesten. Ansonsten ist der Platz eher ruhig und beschaulich. Nur ein paar Fußgänger passieren ihn, um den Weg in die Havelstraße abzukürzen. Einige lassen sich auf den einladenden Parkbänken nieder und genießen das altstädtische Flair des Ortes.
Nördlich der Kirche befindet sich Spandaus älteste Parkanlage, auch wenn kaum jemand den kleinen grünen Flecken so bezeichnen würde. Der Bereich südlich der Kirche wirkt dagegen eher trostlos. Inwischen hat Freiherr v. Stein, der an der Treppe zum Marktplatz wachte, seine Reise in die Zitadelle angetreten. Bald wird er sich auf den Weg in die Zitadelle begeben. Nur zur Weihnachtszeit oder wenn die „Abendmusiken unter dem Sternenhimmel“ ertönen, füllt sich dieser Ort mit fröhlichem Leben. Kurfürst Joachim II., der stolz auf seinem Sockel vor dem Kirchenportal steht, lässt sich davon nicht stören. Stoisch wendet er dem Geschehen seinen Rücken zu. Errichtet wurde das Denkmal 1889, anlässlich des 350. Jahrestages seines Übertritts zum protestantischen Glauben.
Zwei Herzen schlugen in alten Städten und natürlich auch in Spandau. Das weltliche befand sich auf dem Marktplatz und das kirchliche im Bereich der Kirche St. Nikolai. Marktplatz und Reformationsplatz haben ihre alte Form und Funktion längst verloren.
Soldaten exerzieren auf dem Friedhof
Üblicherweise befindet sich an alten Kirchen ein Kirchhof. Das gilt natürlich auch für die Nikolaikirche. Aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts, der Zeit des großen Brandes in Spandau, sind archäologische Spuren eines Kirchhofes nachweisbar. Die Weihe eines „Kerkhofes“ ist für 1431 urkundlich belegt. Für diese Dienstleistung ließ sich der Bischof fürstlich entlohnen. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts brachte eine Pestwelle den Friedhof an seine Kapazitätsgrenzen. Ein neuer musste her. Dieser fand sich für eine Übergangszeit auf dem Moritzkirchhof, zwischen Stadtmauer und Jüdenstraße.
Weil das Militär Platz zum Exerzieren beanspruchte, wurde die südliche Friedhofsmauer 1739 unter Protest von Magistrat und Kirchenverwaltung abgerissen. Sie mussten sogar die Kosten dafür aufbringen. 11 Jahre später fiel dann die restliche Mauer unter der Spitzhacke der Soldaten. Angeblich machte die damalige Spandauer Dorfjugend freudig dabei mit. Der Platz wurde planiert und als Rasenfläche gestaltet. Viel Freude hatten die Soldaten nicht. Absinkende Grabstellen ließen das Gelände recht holprig werden. 1777 wurde der Platz erneut planiert, ein paar Jahre später mit Bäumen bepflanzt und eingezäunt. Im Jahr 1792 ließ Graf von Wartensleben, Kommandeur des Infanterieregiments Prinz Heinrich Nr. 43, den Zaun entfernen und aus dem Platz eine Gartenanlage im englischen Stil formen.
Ältestes Denkmal und älteste Parkanlage Spandaus
In Spandaus ältester gestalteter Parkanlage steht das 1816 eingeweihte älteste Denkmal des Bezirks. Entworfen hat es Karl Friedrich Schinkel, der auch für den neuen Zinnenkranz des Juliusturms auf der Zitadelle verantwortlich war. Das Denkmal erinnert an die Gefallenen der Befreiungskriege von 1813 bis 1815 gegen das von Napoleon geführte Frankreich. Dazu gehören auch die Soldaten, die beim Sturm auf die Zitadelle am 20.4.1813 fielen. Zwei der drei Eichen, die 1815 um das Denkmal herum gepflanzt wurden, gibt es noch heute.
1855 erhielt der nördliche Platz den Namen Heinrichplatz (nach dem Bruder König Friedrichs II.) und der südliche Teil den Namen Joachimsplatz (nach Kurfürst Joachim II.).
Nach 1900 hob man das Denkmal an, indem Ziegelsteine aus der ehemaligen Spandauer Stadtmauer zu einem Sockel geformt wurden. Das Eisengitter, welches das Denkmal früher umgab, wurde 1938 wegen Baufälligkeit entfernt. Nur ein Jahr später erhielten Heinrichplatz und Joachimsplatz den gemeinsamen Namen Reformationsplatz, in Erinnerung an die Reformation in Brandenburg, die durch den Übertritt Joachims II. zum protestantischen Glauben 1539 in der Nikolaikirche ihren Anfang nahm.
Vom Parkplatz zur Fußgängerzone
In der 1950er Jahren verkam die Grünanlage an der Nikolaikirche zu einem schnöden Parkplatz. Der einstige Schmuckplatz war nicht mehr erkennbar. Damals gab es noch keine Fußgängerzone in der Altstadt. Fahrzeuglawinen quälten sich durch die Breite Straße und die Carl-Schurz-Straße. Erst 1978 begann man damit, die Altstadt in eine Fußgängerzone zu verwandeln. Die Arbeiten dauerten mehr als 10 Jahre – bis 1989. In die Endphase fällt auch die Rekonstruktion des Reformationsplatzes. Bei Bauarbeiten für ein neues Haus, in dem sich heute das Altstadt-Café befindet, entdeckte man Reste von Grabanlagen, von denen man annahm, dass sie zu einem Dominikaner-Kloster gehörten. Während einer Führung oder einfach nur mit einem Blick durch die breite Fensterfront sind diese heute zu besichtigen. Ihre heutige Gestalt bekam die Grünanlage am Reformationsplatz 1996, ein Jahr nachdem das in die Jahre gekommene Denkmal restauriert wurde. Heute ist sie ein willkommener kleiner Ruhepol in der Altstadt – wenn nicht immer häufiger parkende Autos das Bild stören würden.
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