LG Berlin hält Heizkostenabrechnung 2012 von GSW-Mietern aus der Westerwaldstraße in Spandau für formell unwirksam und bejaht Anspruch auf Neuabrechnung
Die Urteile des Landgerichts Berlin
Das Landgericht Berlin – 18 S 276/15 sowie 18 S 306/15 – hat mit gleich zwei Urteilen vom 30.05.2016 entschieden, dass eine Heizkostenabrechnug formell unwirksam sei, wenn aus ihr nicht hervorgehe, dass die angegebenen Verbrauchseinheiten tatsächlich nicht das gesamte Jahr, sondern lediglich einen Teilzeitraum betreffen. In einem derartigen Fall stehe einem Mieter kein Rückzahlungsanspruch auf die bereits geleisteten Vorauszahlungen zu, sondern ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der laufenden Nebenkostenvorauszahlungen sowie ein Anspruch auf Neuabrechnung der Heizkosten.
Der Abrechnungsfehler
Die GSW Immobilien AG rechnete am 28.06.2013 die Betriebs- und Heizkosten für das Jahr 2012 im Falkenhagener Feld in Berlin-Spandau für diverse Wirtschaftseinheiten ab und erläuterte in ihrer Heizkostenabrechnung nicht, dass die angegebenen Verbrauchseinheiten tatsächlich nicht das gesamte Jahr 2012, sondern lediglich den Zeitraum 01.04. bis 31.12.2012 betrafen, da die Heizkostenverteiler Ende März 2012 ausgetauscht und es versäumt worden war, die Zählerstände der ursprünglichen Heizkostenverteiler zu notieren. Das Landgericht Berlin meint, dass aus diesem Grund die maßgeblichen Heizkostenabrechnungen formell unwirksam seien und die betroffenen Mieter eine Neuabrechnung verlangen könnten.
Die Argumentation des Landgerichts Berlin
Das Landgericht Berlin argumentierte in seinem Urteil in dem Verfahren 18 S 306/15 auf den Seiten 3 und 4 wie folgt: „Die Heizkostenabrechnung 2012 ist dagegen formell unwirksam. Denn die Heizkostenabrechnung ist nicht aus sich selbst heraus verständlich. Auch die Heizkostenabrechnung muss dem Mieter ohne weitere Hilfsmittel das Zustandekommen der Verbrauchswerte ermöglichen. Dies ist nicht der Fall. Im vorliegenden Fall geht aus der Heizkostenabrechnung nicht hervor, dass die angegebenen Verbrauchseinheiten von 197.155,28 tatsächlich nicht das gesamte Jahr 2012, sondern lediglich den Zeitraum 01.04. bis 31.12.2012 betreffen. Insoweit fehlt eine entsprechende Erläuterung. Die Kläger haben aber keinen Rückzahlungsanspruch auf die bereits geleisteten Vorauszahlungen, da sie ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der laufenden Nebenkostenvorauszahlungen geltend machen können. Dieses Zurückbehaltungsrecht besteht nicht nur bei einer unterlassenen Abrechnung, sondern auch bei einer formell unwirksamen Abrechnung. Denn der unterlassenen Abrechnung ist der Fall gleichgestellt, dass der Vermieter dem Mieter nur eine schon formell ungenügende Abrechnung zukommen lässt (Schmidt/Futterer-Langenberg, Mietrecht, 12. Aufl., § 556 Rn. 289 m. w. N.).
Die Beklagte hatte somit ordnungsgemäß erneut über die Heizkosten abzurechnen, wobei die Abrechnung gemäß § 9 a) HeizkostenV zu erfolgen hatte, da ein zwingender Grund im Sinne von § 9 a) Abs. 1 HeizkostenV auch dann gegeben ist, wenn die Unterlagen über die erfolgte Verbrauchserfassung für den Zeitraum 01.01. bis 31.03.2012 abhanden gekommen sind (vgl. Schmidt-Futterer/Lammel, Mietrecht, 12. Aufl., § 9 a) HeizkostenV Rn. 14). Eine entsprechende Abrechnung hat die Beklagte aber bereits vorsorglich mit Schriftsatz vom 15.04.2015 vorgenommen.“ Die gleichen Ausführungen finden sich in der Entscheidung 18 S 276/15.
Da in den vorliegenden zwei Fällen die GSW Immobilien AG ihrer Verpflichtung zur Neuabrechnung bereits im Laufe der Gerichtsverfahren nachgekommen war, wurden die Berufungen letztendlich zurückgewiesen.
Das Landgericht Berlin hat die Revision gegen die Urteile nicht zugelassen. Die Urteile werden damit in Rechtskraft erwachsen.
Der Kommentar des AMV
„Der AMV – Alternativer Mieter- und Verbraucherschutzbund e. V. weist darauf hin, dass der Anspruch auf Neuabrechnung der Heizkosten für das Jahr 2012 auch heute noch allen Mieterinnen und Mietern der GSW-Großsiedlung Falkenhagener Feld (Westerwaldstraße, Böhmerwaldweg, Ehmweg, Frankenwaldstraße, Hainleiteweg, Kellerwaldweg, Knüllweg, Steigerwaldstraße usw.) zusteht, da er erst mit dem Ablauf des 31.12.2016 verjährt“, so der 1. Vorsitzende des AMV, RA Uwe Piper. „Betroffene Mieterinnen und Mieter können sich an die GSW Immobilien AG bzw. an die Deutsche Wohnen Management GmbH wenden und eine Neuabrechnung ihrer Heizkosten für das Jahr 2012 verlangen“, sagt Piper. „Inwieweit es bei einer Neuabrechnung zu erheblichen Abweichungen zur ursprünglichen Heizkostenabrechnung vom 28.06.2013 kommen wird, kann zur Zeit nicht generell beurteilt werden, da dies vom konkreten Einzelfall abhängt; zumindest kann sich keine Verschlechterung für die Mieterinnen und Mieter ergeben, da eine Korrektur nach Ablauf der Abrechnungsfrist, die am 31.12.2013 abgelaufen ist, erfolgt“, erläutert Piper. „Interessierte Mieterinnen und Mieter sollten sich zur Durchsetzung ihrer Ansprüche an eine auf das Gebiet des Mietrechts spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei oder an einen Mieterverein wenden,“ schließt Piper.