Peter Ramsauer ging doch kein Licht auf

Akkulampen sind anscheinend Neuland für den Verkehrsminister

Karbidlampe am Fahrrad (Foto: Wikipedia)
Karbidlampe am Fahrrad (Foto: Wikipedia)

Es ist Sommer. Explosionsartig steigt die Anzahl der Radfahrer in den Straßen, wie auch in der Fußgängerzone der Spandauer Altstadt. Radfahren ist ein Sommerthema – für viele. Andere nutzen es dagegen bei Wind und Wetter, Tag und Nacht. Licht am Rad ist also ein wichtiges Thema. Der Schritt von der Karbidlampe zum dynamogetrieben Licht war ein großer Fortschritt in der Beleuchtungstechnik. Da freut es doch das Radfahrerherz, dass sich der Bundesverkehrsminister sich dieses Themas angenommen hat, eines Themas, welches schon seit mehr als 10 Jahren die Politik beschäftigt – ohne je einer Lösung nahe gekommen zu sein.

Jetzt ist durch den Beschluss des Bundesrats in seiner 912. Sitzung vom 5.7.2013 das erlaubt, was früher bei Rädern über 11 Kilo Gewicht verboten und mit einem Ordnungsgeld in Höhe von 15 Euro zu belegen war – könnte man meinen. Radfahrer dürfen nun selbst darüber entscheiden, mit welcher Lichtquelle sie ihr Fahrrad ausstatten. Klassisch mit dem Dynamo, oder – eigentlich auch klassisch – mit einer Akkuleuchte oder Batterie. Der Verkehrsminister hat mit langer Verspätung das endlich umgesetzt, was jahrelang der Normalfall auf den Straßen war. Für Peter Ramsauer ist diese Form von Fahrradbeleuchtung anscheinend ebenso Neuland, wie es das Internet für Kanzlerin Merkel beim Obama-Besuch war. Denn diese Änderung scheint mehr als kritikwürdig.

Vergangenheit

Falls ein gekauftes Fahrrad überhaupt mit einer Leuchte ausgestattet war, leuchtete diese häufig eher dürftig, wie eine Kerze. Selbst einfache Akkuleuchten waren ihr überlegen. Deren Betrieb war aber eindeutig verboten. Die Anwesenheit eines klassischen Dynamos garantierte noch lange kein sicheres Licht. Unzureichende Reibung an der Felge schon im Normalbetrieb und bei Regen praktisch keine mehr, boten also nur in der Theorie verkehrssicheres Licht an. Allein die Bremswirkung eines alten Felgen-Dynamos schreckte viele von deren Nutzung ab.

Anpassung an die gelebte Realität

Diese Rechtssicherheit war lange überfällig. In der gelebten Wirklichkeit war auch die kontrollierende Polizei froh, bei Kontrollen eher Radfahrer mit der verbotenen Beleuchtung zu „erwischen“ als mit keiner. Nur selten wurden die eigentlich geforderten Strafen verhängt. Es war also mehr als an der Zeit, Radfahrern endlich die gebotene Rechtssicherheit zu verschaffen. Der ADFC kritisiert die Änderung als unbedacht und widersprüchlich: Fachleute aus Vertretern von Radfahrern und der Zweiradindustrie sowie des Bundesverkehrsministeriums wurden nicht zu Rate gezogen, bei der Neufassung der StVZO.

Fahrräder müssen für den Betrieb des Scheinwerfers und der Schlussleuchte mit einer Lichtmaschine, deren Nennleistung mindestens 3 W und deren Nennspannung 6 V beträgt oder einer Batterie mit einer Nennspannung von 6 V (Batterie-Dauerbeleuchtung) oder einem wieder aufladbaren Energiespeicher als Energiequelle ausgerüstet sein. Abweichend von Absatz 9 müssen Scheinwerfer und Schlussleuchte nicht zusammen einschaltbar sein.

Begründung:

Die Verwendung von Batterien oder eines wieder aufladbaren Energiespeichers (Akkus etc.) für den Betrieb von Scheinwerfer und Schlussleuchte an Fahrrädern gewährleistet grundsätzlich das gleiche Sicherheitsniveau wie die Verwendung einer Lichtmaschine (Dynamo) als Energieversorger. Zudem gewährleisten sowohl batterie- als auch akkubetriebene Scheinwerfer und Schlussleuchten eine gute Erkennbarkeit der Fahrradfahrer, da die Intensität der Lichtabstrahlung unabhängig von der Fahrgeschwindigkeit gleichmäßig hoch ist und auch im Stand erfolgen kann. Daneben wird ihnen eine höhere Akzeptanz entgegengebracht, die offenbar unter anderem daraus resultiert, dass der Betrieb der Beleuchtung mit Batterien und Akkus – im Gegensatz ins-besondere zu älteren Dynamos – keine fahrdynamisch wirksamen Leistungsverluste oder eine Einschränkung der Beleuchtung bei schlechten Witterungsverhältnissen mit sich bringt.

In der Praxis wird die Beleuchtung von Fahrrädern im Straßenverkehr oftmals schon mit einer Batterie oder einem Akku betrieben, auch ohne dass die Räder mit einem Dynamo ausgerüstet sind. Deshalb sollte die Voraussetzung der bisherigen Regelung des § 67 Absatz 1 StVZO, dass Scheinwerfer und Schlussleuchte mit einer Lichtmaschine (Dynamo) versorgt werden müssen, entfallen und als alternative Energiequellen die Versorgung von Scheinwerfer und Schlussleuchte mit Batterien oder ein wieder aufladbarer Energiespeicher alternativ neben dem Dynamo ermöglicht werden

Ist nun alles in Butter?

Werden Kontrolleure zukünftig mit Messgeräten unterwegs sein, um die Nennleistung oder Nennspannung zu überprüfen. Schaut jemand nach, wie viel Batterien oder Akkus verbaut sind? Interessiert sich jemand dafür, ob die Leuchten amtlich zugelassen sind? Warum ist bei den Batterien keine definierte Nennleistung gefordert? Unter Batterie lässt sich übrigens eine ganze Menge einordnen. Warum wird für Akkus kein Leistungswert zugrunde gelegt? Fragen über Fragen.

Zukünftig wird es einen Unterschied ausmachen, ob eine Leuchte mit Akkus oder Batterien ausgestattet ist, weil der Einsatz plötzlich dadurch rechtswidrig wird. Natürlich wird auch, wie schon zuvor, niemand diese Werte überprüfen. Rechtssicherheit ist mit einer solchen Gesetzgebung nicht geschaffen. Alle bisher schon nicht zugelassenen Batterie- und Akkuleuchten mit einer Spannung unter 6 Volt sind auch weiterhin nicht zugelassen. Radfahrer können also in keinem Fall aufatmen!

„§ 67 StVZO (2) An Fahrrädern dürfen nur die vorgeschriebenen und die für zulässig erklärten lichttechnischen Einrichtungen angebracht sein. … Die lichttechnischen Einrichtungen müssen vorschriftsmäßig und fest angebracht sowie ständig betriebsfertig sein…“

Was bedeutet „fest angebracht“? Sind Klickverbindungen rechtswidrig? Die alten Stecklampen, „von Millionen genutzt“, bleiben folglich weiterhin rechtswidrig! Sind Akkuleuchten dagegen fest verschraubt, müsste der Radler entweder bei jedem Ladevorgang alles abschrauben, oder den Drahtesel zur Ladestation in die vierte Etage tragen. Der Verkehrsminister Ramsauer hat sich mit dieser Änderung nicht mit Ruhm bekleckert.

Fazit? Eigentlich ändert sich für Radfahrer nichts. Man ist immer noch auf den „guten Willen“ der Kontrolleure angewiesen. Rechtssicherheit sieht anders aus. Es wird Zeit, das die Politik das „Neuland Fahrrad“ endlich betritt.

About Ralf Salecker

Ralf Salecker, freier Fotograf und Journalist (www.salecker.info)