Unberechtigtes anwaltliches Mahnschreiben wegen 48,64 €!
Die Vonovia verfügt über einen Bestand von über 357.000 Wohnungen und ist die größte private Wohnimmobiliengesellschaft im deutschen Wohnimmobilienmarkt. Sie versteht sich selbst als serviceorientierter Wohnungsdienstleister und behauptet über sich: „Service- und Kundenorientierung sind fest in der Unternehmenskultur verankert.“ (Quelle: Vonovia). Die von der Vonovia praktizierte Mahnpraxis spricht jedoch eine deutlich andere Sprache und ist mehr als mieterunfreundlich.
Der Fall
Unser Mitglied aus Berlin-Spandau hat im Auftrag der Vonovia ein unberechtigtes anwaltliches Mahnschreiben der Rechtsanwaltskanzlei JHS LEGAL, Inhaber Rechtsanwalt Jochen H. Schatz aus der Schloßstraße in Berlin-Steglitz, vom 08.04.2016 in Höhe von 48,64 € zuzüglich 5,00 € Mahngebühren zuzüglich 83,54 € Rechtsanwaltsgebühren, insgesamt also über einen Betrag in Höhe von 137,18 € erhalten. Mit Betriebs- und Heizkostenabrechnung vom 20.11.2015 rechnete die GAGFAH GROUP (heute Vonovia) die Abrechnungsperiode 2014 ab und erhöhte die Vorauszahlungen für die Betriebskosten ab Januar 2016 um 12,16 € monatlich. Mit Schreiben vom 10.12.2015 legte unser Mitglied Widerspruch gegen die vorgenannte Abrechnung ein, begründete diesen vorläufig und teilte mit, dass er der Erhöhung der Vorauszahlungen widerspreche und einstweilen die bisherige Miete weiter zahle. Anstatt einer inhaltlichen Auseinandersetzung seitens der Vonovia mit dem Schreiben vom 10.12.2015 erhielt unser Mitglied nunmehr Post vom Anwalt nebst einer Rechnung in Höhe von 83,54 €.
Die Reaktion
Der AMV forderte namens und in Vollmacht des betroffenen Mieters mit Schreiben vom 25.04.2016 sowohl die Rechtsanwaltskanzlei JHS LEGAL, als auch die Vonovia Kundenservice GmbH auf, die Forderung fallen zu lassen und den Betrag auszubuchen. Er teilte der Gegenseite mit, dass die geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 83,54 € nicht beglichen würden. Die Antwort der Vonovia bleibt abzuwarten.
Der Kommentar des AMV
„Trotz eindeutiger Gerichtsurteile, die diese Mahnpraxis für gesetzeswidrig erachten, setzt die Vonovia ihre unakzeptable, mieterunfreundliche und rechtswidrige Mahnpraxis in Berlin fort“, sagt der 1. Vorsitzende des AMV – Alternativer Mieter- und Verbraucherschutzbund e.V., RA Uwe Piper. „Es fehlt bereits an einer Anspruchsgrundlage“, meint Piper. „Das Amtsgericht Dortmund (AG Dortmund – 425 C 6720/14, Urteil vom 06.01.2015), so Piper, verneint eine gesetzliche Anspruchsgrundlage für die Geltendmachung von Inkasso-Anwaltsgebühren und begründet seine zutreffende Rechtsauffassung wie folgt: Die Klägerin hat durch jahrelange Übung gezeigt, dass das Mahnwesen von ihr ausgeübt werden kann. Alle dem Gericht bekannten Dortmunder Großvermieter machen dies auch selbst. Es fehlt deshalb zum einen das Merkmal der Notwendigkeit dieser Kosten, zum anderen liegt auch ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vor. Das Gericht (AG Dortmund Urt. v. 8.8.2012 – 425 C 6285/12) hat bereits in seiner Entscheidung zum Konzerninkasso der Klägerin darauf hingewiesen, dass es auch bei einem gewerblichen Großvermieter wie der Klägerin, die Einschaltung eines Anwalts in einfachen Fällen wie dem vorliegenden für nicht notwendig und deshalb auch nicht erstattungsfähig hält. Daran hat sich nichts geändert.“ „Die Krönung, die das Fass endgültig zum Überlaufen bringt, ist übrigens, dass, wenn man die von der Rechtsanwaltskanzlei JHS LEGAL angegebene Telefonnummer 030/555 76 035 8 wählt, eine weibliche Bandstimme dem Anrufer freistellt, ob er mit der Rechtsanwaltskanzlei (dann drücken Sie die 1) oder mit der Vonovia (dann drücken Sie die 2) verbunden werden möchte“, teilt Piper mit. „Der AMV erwartet, dass die Vonovia in Zukunft in Berlin im Interesse ihrer Mieterinnen und Mieter und um ihrem Anspruch eines kundenorientierten Unternehmens zu verwirklichen, ihr außergerichtliches Mahnwesen wieder in Eigenregie durchführt und nicht mehr die Rechtsanwaltskanzlei JHS LEGAL mandatiert. Es muss endlich Schluss damit sein, dass die Mieter wegen vermeintlicher Kleinstrückstände mit Rechtsanwaltsgebühren belastet werden, die die eigentliche Forderung um ein Vielfaches übersteigen“, schließt Piper.