Spandauer Rieselfelder wurden verkauft?!

Angeblich soll der Gastronom Josef Laggner der Käufer sein

Rieselfelder Karolinenhöhe Spandau - Die Zukunft liegt im Nebel. (Foto: Ralf Salecker)
Rieselfelder Karolinenhöhe Spandau - Die Zukunft liegt im Nebel. (Foto: Ralf Salecker)

Die Berliner Wasserbetriebe haben sich möglicherweise von einem ungeliebten Grundbesitz, den Spandauer Rieselfeldern, getrennt. Immerhin handelt sich um fast drei Millionen Quadratmeter (300 Hektar) Landschaftsschutzgebiet in Spandau – ein Landschaftsschutzgebiet mit Altlasten und lästiger Kostenfaktor für die BWB.

Der Landschaftspflegeverband Gatow, der Arbeitskreis Gatow, Bauern und Erholungssuchende sind überrascht und entrüstet, von diesem möglichen Verkauf zu hören. Die Wasserbetriebe hatten es offensichtlich nicht für nötig gehalten, mit den „Betroffenen“ vorher ein Gespräch zu führen. Natürlich sind sie nicht dazu verpflichtet, zum guten Ton sollte es allemal gehören, allein um das ins Kraut schießen von Gerüchten zu vermeiden.

Verantwortung auf andere Schultern gelagert

Rieselfelder Spandau (Foto Ralf Salecker)
Rieselfelder Spandau (Foto Ralf Salecker)

Mit dem Verkauf entledigen sich die Berliner Wasserbetriebe ihrer Verantwortung, die sie für das große Gelände haben. Rund 100 Jahre wurden dort Berlins Abwässer verrieselt. Der Boden ist hoch belastet. Darum war und ist es von Bedeutung, wie mit der Landschaft umgegangen wird. In den letzten Jahren wurde auf den Gatower Rieselfeldern ausschließlich Klarwasser verrieselt.

Eine regelmäßige Befeuchtung des Bodens verhindert die Freisetzung von dort gebundenen Substanzen. Trocknet der Boden aus, können diese z.B. mit dem Wind verweht werden. Eine Veränderung der chemisch-physikalischen Bodenverhältnisse könnte die Gefahr einer möglichen Verunreinigung des Grundwassers mit sich bringen.

Die Beantwortung der Frage nach einen Nutzungskonzept für die Zeit nach der Verrieselung sind die Wasserbetriebe bisher schuldig geblieben. Grundlegende Gutachten sollten im Februar 2012 fertig gestellt sein. Wie sehen die Ergebnisse aus? Damit wird sich der neue Besitzer intensiv auseinandersetzen müssen.

Naherholungsgebiet und Nutzfläche

Die Rieselfelder Karolinenhöhe haben sich im Laufe der Jahrzehnte zu einem beliebten Naherholungsgebiet in Spandau entwickelt. Seit den 80er Jahren sind sie sogar Landschaftsschutzgebiet. Einige Bauern bewirtschaften dort Teilflächen. Sie fühlen sich teilweise hintergangen und verschaukelt. Für sie alle kommt der Verkauf sehr überraschend, weil nicht klar ist, wie es zukünftig um die gepachteten Bereiche bestellt ist. Die Bauern befürchten eine Gefahr für ihre wirtschaftliche Existenz, schließlich laufen ihre Pachtverträge immer nur über ein Jahr, während Erholungssuchende schon ganze Siedlungen auf dem Gelände entstehen sehen.

Viele befürchten eine irreparable Veränderung der gewachsenen Landschaft. Was hat der neue Besitzer mit den Flächen vor? Eine Abkehr von der Bodenbewässerung verändert naturgemäß auch die Landschaft selbst. Das mag man als durchaus natürlichen Prozess ansehen. Andere Pflanzen und Tiere werden sich dort ansiedeln, die besser an trocknere Verhältnisse angepasst sind. Es hieß, der neue Besitzer hätte sich auf den ersten Blick in die Landschaft der Rieselfelder verliebt – aus gutem Grund, die Landschaft ist zu jeder Jahreszeit etwas ganz besonderes. Nur stellt sich die Frage, hat sich der neue Besitzer in die alte Landschaft verliebt oder in eine noch zu schaffende?

Stabile Wasserpreise oder „Gewinnmitnahme“?

Angeblich soll der Verkauf dazu beitragen, die Wasserpreise in Berlin stabil zu halten. Bei einem Quadratmeterpreis, wenn man den normalen Bodenrichtwert zugrunde legt, von geschätzten 80 Cent, kämen immerhin 2,4 Millionen Euro in die Kasse. Der neue Besitzer soll angeblich mehr bezahlen wollen.

Die Berliner Abendschau stellte in einem Beitrag die etwas provokante Frage, wer denn ein 120 Jahre altes Toilettenbecken kaufen würde. Nun, den Interessenten oder gar Käufer scheint es zu geben.

Kurz vor dem möglichen Teilrückkauf der Wasserbetriebe durch den Senat sieht dies nach einem netten Gewinn für die privaten Anteilseigner aus. Dabei gehören die Wasserpreise schon zu den höchsten in ganz Deutschland. Kürzlich erst hatte das Kartellamt die Senkung der Wasserpreise in Berlin gefordert. Von rund 20 Prozent ist die Rede. Mit dem Verkauf ersparen sich die Berliner Wasserbetriebe auch erhebliche Straßenreinigungsgebühren, die sie wie jeder Grundstücksbesitzer, zu entrichten haben.

Keine Bebauung der Rieselfelder in Spandau

Beruhigendes kommt von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz und aus dem Spandauer Rathaus. Carsten Röding, Umwelt- und Baustadtrat, betonte, dass sich am Landschaftsschutzgebiet nichts ändern wird. Der Bezirk wird nicht zulassen, das dort gebaut wird. Es bleibt weiterhin Landschaftsschutzgebiet.

Bei dem Gelände des Betriebshofes könnte es anders aussehen. Gerüchteweise wird von „Erlebnisgastronomie“ geredet. Der Gastronom Josef Laggner hat zu den Fragen bisher keine Stellung bezogen. Je länger er damit wartet, umso mehr Gerüchte schießen ins Kraut.

Ein schöner – bezahlbarer – gastronomischer Betrieb wäre sicherlich auch im Interesse der Erholungssuchenden, auch wenn damit die „Gefahr“ einhergeht, mehr Besucher in diese schöne Landschaft zu locken.

Noch sind viele Fragen offen …

 

Ralf Salecker

 

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About Ralf Salecker

Ralf Salecker, freier Fotograf und Journalist (www.salecker.info)