Spandau-Wappen

Spandauer zeigen sich bei Umfrage begeisterter von Olympia als alle anderen Berliner

Nur Brot und Spiele?

Spandau ist heute 783 Jahre alt geworden - je nach Zählweise
Spandau ist heute 783 Jahre alt geworden – je nach Zählweise

1000 Berliner Bürger aus allen Bezirken wurden repräsentativ befragt. Der Tagesspiegel berichtete über das Resultat: 58 Prozent aller befragten Berliner sind für Olympia in der Hauptstadt, 42 dagegen

aber

64 Prozent der Spandauer Bürger stehen hinter Berlins Bewerbung, nur 24 Prozent lehnen sie ab, 13 Prozent hatten keine Meinung. In Pankow gibt es mit 51 Gegenstimmen die meisten Ablehnungen.

Warum ist gerade hier die Begeisterung besonders groß, obwohl der Bezirk selbst nichts Positives von Olympia erwarten kann. Hier werden keine Sportstätten saniert. Für die Planer ist der Bezirk anscheinend zu weit weg. Schade eigentlich. Es wäre eine gute Gelegenheit gewesen, die Sanierung mancher Sportstätten in Angriff zu nehmen, deren Finanzierung der Bezirk allein nicht stemmen kann.

Haben Spandauer weniger Angst vor den Kosten für Olympia? Die Prognosen schwanken bei Kostenrechnungen von 3 bis 4 Milliarden Euro. Aus den Erfahrungen aller vergangenen Olympischen Spiele kann ein pauschaler Multiplikator von 2,5 angesetzt werden, um annähernd die tatsächlichen Kosten zu berechnen.

Spannend ist der Blick eines im Tagesspiegel kommentierenden Lesers (Diabolus Parvus; ist er nun ein kleiner Teufel oder gar ein kleiner Verleumder? Es zeigt sich doch immer wieder, dass gewählte anonymisierende Pseudonyme sehr viel über einen Menschen aussagen.), der ein ganz besonderes Spandau-Bild hat.

Zitat aus dem Tagesspiegel: „Ein Bezirk fällt besonders auf: In Spandau ist die Begeisterung für die olympische Idee bemerkenswert groß.“

Dazu seine Antwort (7.3.2015 09:50 Uhr):

„Aber das allein ist doch schon ein Fingerzeig!

Als Berliner habe ich mich so lange Zeit in Spandau als Gastarbeiter verdingt, dass mir diese „Tendenz“ Spandaus alles andere als „bemerkenswert“ erscheint. Denn Spandau pflegt hinter imaginären Zitadellenmauern vor allem eine gepflegte Art mentaler Autonomie. Und selbst beim schnöden Konsum ist der „Havelpark“ unumstritten der wichtigere Bezugspunkt.

Spandau ist nämlich älter als Berlin, und schon seit den Zeiten der Sankt Nikolais im 13. Jh. oder mit Ernennung der Doppelstadt zur „Residenz“ war das Verhältnis recht distanziert. Kurfürst Joachim II. gab dem den Rest. Und mit der versuchten Eingemeindung etlicher Ortschaften und Städte östlicherseits unter dem Namen „Groß-Berlin“ konnte Spandau dann gar nichts anfangen und flüchtete in die innere Emigration.

In Spandau wünscht man Berlin die Pest an den Hals! Nein, durchaus nicht in Bösartigkeit, sondern aus rein pragmatischen Gründen. Es möge doch alles Böse an Spandau vorbeigehen, damit es sich in Berlin einniste und sich dort gemütlich mache. Und insofern ist „Berlin“ für Spandau auch sehr nützlich!

Und damit ist das spezifische Votum Spandaus in Sachen Olympia alles andere als geheimnisvoll!“

Spandau gehört zweifelsfrei zu Berlin. Daran ändert auch das frotzelnde Necken nichts, welches Berliner und Spandauer manchmal betreiben. Solange es augenzwinkernd geschieht, ist die ein schöner Spaß für alle.

Ist aber an dem niederschmetternden Bild des Lesers etwas dran? Gilt dies für eine Vielzahl von Spandauern? Haben diese sich dies etwa selbst zuzuschreiben? Schaut man auf die Kommentare in manchen facebook-Gruppen, dann scheint etwas Wahres dran zu sein… Es genügt nicht, lautstark die Spandau-Fahne zu wedeln und alles andere Schlecht zu reden.

Interessieren sich Spandauer für ihren Bezirk? Sind sie bereit sich für diesen zu engagieren, etwa indem sie Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung nutzen oder vergraben sie sich lieber in ihre Mikrokieze?? Schaut man sich die Beteiligung auf www.zukunft-altstadt-spandau.de zur Gestaltung der Altstadt an, dann sind durchaus Zweifel angebracht.

In folgenden Themenbereichen konnten Idee eingebracht werden:

  • Öffentlicher Raum und Mobilität: 27
  • Wirtschaft, Handel und Tourismus: 16
  • Bildung, Kultur und Geschichte: 7
  • Landschaft und Wasser: 7
  • Soziales, Integration, Inklusion und Gesundheit: 5
  • Stadtgestalt, Bebauung und Wohnen: 14

Summe: 76 Beteiligte

Bei etwa 127.700 Haushalten (Stand 2013) macht das eine Beteiligung von etwa 0,06 %.

Beim besten Willen ist dies keine beeindruckende Zahl. Da wäre mehr drin gewesen…

Am 17.3. gibt es übrigens eine Veranstaltung im Kulturhaus, die die o.g. Vorschläge aus der Internetbeteiligung vorstellt und diskutiert.

 

About Ralf Salecker

Ralf Salecker, freier Fotograf und Journalist (www.salecker.info)