Ulis Museumsladen in der Spandauer Neustadt (Foto: Ralf Salecker)

Ulis Fahrradladen und Fahrradmuseum in der Spandauer Neustadt

Er liebt historische und moderne Drahtesel

Ulis Museumsladen in der Spandauer Neustadt (Foto: Ralf Salecker)
Museumsladen und Fahrradladen in der Spandauer Neustadt (Foto: Ralf Salecker)

Gegen Mittag habe ich meinen Termin in der Spandauer Neustadt, um eine ganz besondere Institution zu besuchen. Ich schwinge mich also – passend zum Anlass – auf meinen Drahtesel, weil es in Spandau die schnellste Möglichkeit ist, um an sein Ziel zu gelangen.

Das Schicksal meint es nicht gut mit mir. Nach wenigen Metern bemerke ich einen Platten. Mit dem Bus komme ich nicht mehr pünktlich zum Ziel, also pumpen und weiter … Acht Pumpaktionen später bin ich endlich am Ziel. Direkt gegenüber dem alten Schultheiss-Gelände, jetzt u. a. CentroVital, biege ich ab in die Jagowstraße und schon bin ich da, bei „Ulis Fahrradladen“.

Ein paar Stufen geht es abwärts ins Souterrain. Ich betrete einen kleinen Laden in der Spandauer Neustadt, in dem jede freie Stelle mit Fahrrädern und einer scheinbar unendlichen Vielfalt an Fahrradzubehör bestückt ist. Hier hängt der Himmel nicht voller Geigen, sondern voller Fahrradteile.

Ein freundlicher großgewachsener Herr empfängt mich. Passend zum sonnigen Frühjahr möchte ich meinen Drahtesel einem Check unterziehen. Die lange Liste an defekten und verschlissenen Teilen erschreckt mich doch ein wenig, überrascht mich aber nicht wirklich. Er war billig und ich habe ihn schlecht behandelt.

„Wenn´s ein Gaul wäre, würde ich ihn erschießen“, meint Uli Feick schmunzelnd. „Typische Probleme von billiger Supermarktware. Schlechte Verarbeitung des Rahmens, mindere Qualität bei Bremsen, Zahnkränzen und der Kette sowie unzureichende Pflege“. Die Liste setzt sich noch länger fort. „Bei mir kommen immer wieder Kunden vorbei, die Probleme mit ihrem frisch erworbenen Billig-Rad haben. Da wackelt alles, kaum etwas ist richtig eingestellt. Hier zeigt sich der echte Service: Bei mir verlässt kein Rad den Laden, welches nicht optimal auf den Kunden eingestellt ist. Nur diesen Service wollen anscheinend viele nicht bezahlen. Später bleibt ihnen dann nichts weiter übrig. Noch teurer wird es, wenn schon nach kurzer Zeit verschlissene Teile ausgetauscht werden müssen, dann wäre ein Rad guter Qualität fast preiswerter gewesen.“

Unser Gespräch wird immer wieder unterbrochen. Kunden kommen herein, mal mit kleinen Problemen am Rad, mal, weil sie Beratung für ein neues Fahrrad brauchen. Während die kleinen Problemchen überraschend schnell gelöst werden und die Kunden glücklich davonradeln können, bekommen andere nach ausführlichen Fragen Hinweise, welches Fahrrad ihren Bedürfnissen am ehesten entspricht. Solch eine umfassende Beratung habe ich selten erlebt, obwohl ich durchaus schon in einigen Fahrradläden gewesen bin.

Nach vielen Jahren des Ausprobierens hat Uli Feick sich auf eine überschaubare Anzahl an Lieferanten konzentriert. „Bei denen stimmen Qualität und Service. Die Fahrräder werden nach Kundenwunsch zusammengebaut. Der Kunde kann, bei richtiger Wartung, 10 Jahre und länger mit dem Rad unterwegs sein.“

Bei genauerer Betrachtung relativiert sich schnell der Preis für ein scheinbar teures Mittelklasse-Fahrrad. Setzt man rund 700 Euro an, dann sind dies auf 10 Jahre gerechnet gerade einmal 5,80 Euro pro Monat. Eigentlich ein Spottpreis. Ein alljährlicher Sicherheitscheck für 30 Euro macht dann noch einmal 2,50 Euro im Monat. Dafür bereitet der Drahtesel erheblich länger Freude und Fahrkomfort, als es ein „Rad vom Grabbeltisch“ tut.

Ulis Fahrrad-Museum in der Spandauer Neustadt

Nun kann ich meine Neugierde nicht länger zügeln. Direkt benachbart liegt nämlich ein echter Schatz – das Fahrradmuseum, 2008 gegründet, ist es einzigartig in Berlin. An diesem Ort können nicht nur unterschiedlichste Räder aus alten Tagen bestaunt werden. Liebhaber alter Räder bekommen hier auch die notwendigen Ersatzteile, sei es die Lichtanlage „Lucifer“ aus den 50er/ 60er Jahren, oder auch Lampencarbid für Räder, bei denen das Licht im wahrsten Sinne des Wortes noch brennt. Auch Restaurierungen werden von Uli Feick durchgeführt. Gerade erst hat er für das Museum für Verkehr und Technik ein altes Rad restauriert.

In passender Kluft aus den 20er und 30er Jahren unternehmen Uli und die Mitglieder des Vereins „Historische Fahrräder Berlin e.V.“ Fahrten durch die Umgebung, treten als Statisten in Filmen auf, führen Veranstaltungen durch, oder bereichern diese, wie z. B. das 100. Sechs-Tage-Rennen in Berlin oder die Historiale.

Uli Feick hat einen umfangreichen Schatz an Informationen zum Thema Fahrrad zu bieten. Wenn er anfängt zu erzählen, fühlt man sich zurückversetzt in alte Zeiten. Firmen wie Opel, Mercedes und Miele haben einmal Fahrräder produziert. In Haselhorst gab es eine viel besuchte Radrennbahn, die von der der gut betuchten Nachbarschaft nicht wohlgelitten war.

Man merkt Uli Feick die Leidenschaft für das Fahrrad in allen Variationen an. Unzählige Details zu den einzelnen Exponaten im Museum und Anekdoten aus der Fahrrad-Geschichte lassen den Museumsbesuch wie im Fluge vergehen.

Früher einmal, da waren Fahrräder nur etwas für betuchte Leute. Später erst kamen dann auch die preiswerten Räder für jedermann. So wie heute, wurde auch damals schon rund ein Monatslohn ausgegeben, um ein gutes Fahrrad zu kaufen, das ist heute nicht anders, betont Uli Feick ausdrücklich.

Ulis Fahrradladen und Ulis Fahrrad-Museum

  • Jagowstraße 28
  • 13585 Berlin
  • Öffnungszeiten:
    • Mo – Fr: 10 – 18.30 Uhr
    • Sa: 10 – 14 Uhr
  • Tel.: 336 69 87

About Ralf Salecker

Ralf Salecker, freier Fotograf und Journalist (www.salecker.info)