Wie ist mit der AfD in Spandau umzugehen?

Wird es einen Stadtrat der rechtspopulistischen Partei im Bezirk geben?

BVV-Saal im Rathaus Spandau
BVV-Saal im Rathaus Spandau (Foto: Ralf Salecker)

Das Wahlergebnis im September hat mit dem Einzug der rechtspopulistischen AfD in die Spandauer Bezirksverordnetenversammlung und deren Recht, einen Stadtratsposten im Bezirksamt zu besetzen für einigen Wirbel gesorgt. Auch wenn die AfD einen Stadtratsposten im Rathaus beanspruchen kann, den sie mit Andreas Otti besetzen will, bedeutet es nicht zwangsläufig, dass sie diesen auch bekommt.

Kann oder sollte man mit einer Partei zusammenarbeiten, die Ressentiments, Islam- und Fremdenfeindlichkeit schürt, die sich gegen die grundgesetzlich garantierte Geschlechtergleichstellung und freie Religionsausübung ausspricht, die in Teilen völkisches Gedankengut fördert, die auf Menschen schießen lassen will, deren Mitglieder teilweise in rechtsextremen Gruppierungen aktiv sind oder gar den „Reichbürger“ nahe stehen? Was ist von einer Partei zu halten, die PEGIDA als natürlichen Verbündeten ansieht, die eine angebliche Diktatur in Deutschland postuliert und regelmäßig von Lügenpresse redet?

Bezirksamtsmitglieder sind Beamten auf Zeit. Sie müssen die gesetzlichen Einstellungsvoraussetzungen erfüllen (z. B. die Gewähr, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten. Ist dies bei der AfD und ihrem Programm insgesamt gewährleistet, selbst wenn einem Kandidaten aktuell nichts direkt vorzuwerfen ist?

Ausnahmsweise beginnt die Amtszeit des neu gewählten Bezirksamtes bereits mit der Wahl und Ernennung der Bezirksbürgermeisterin/des Bezirksbürgermeisters/ und zumindest zwei weiteren Bezirksamtsmitgliedern. SPD und CDU könnten sich durchaus einigen und ihre jeweiligen Kandidaten durchbringen. Ein AfD-Stadtrat muss also formal erst einmal nicht sofort gewählt werden. Die Nichtwahl einer Kandidatin/eines Kandidaten hat grundsätzlich nicht zur Folge, dass die Fraktion bzw. die Zählgemeinschaft, die die entsprechende Person vorgeschlagen hat, ihr Nominierungsrecht verliert. Ein Bezirksamt könnte auch schon mit drei oder vier besetzten Bezirksamtsposten arbeiten.

Statement der Spandauer GRÜNEN zum Umgang mit der AFD: „Trotz ihres elitären und weltfremden Gebarens, trotz ihrer Lügen und Unterstellungen, trotz ihrer Ausgrenzungsparolen gegenüber Menschen muslimischen Glaubens, trotz der belegten Querverbindungen der Berliner AfD ins rechtsradikale Milieu müssen wir Spandauer Grüne das Votum der Spandauer*innen und den Anspruch der AfD auf einen Stadtrat akzeptieren, denn eine rein symbolische „Politik der Ausgrenzung“ gegenüber der AfD ist aus unserer Sicht das falsche Signal. Daher haben wir uns entschlossen, einer sachlichen Auseinandersetzung mit den Fraktionär*innen der AfD nicht aus dem Weg zu gehen.“

Andreas Ott, der Kandidat der eher europafeindlichen AfD, betont, er wäre kein Europa-Gegner. Der Berufsoffizier und ehemalige CSUler sei wirtschaftsorientiert und stehe für sehr konservative Kreise. Bildung, Ordnungsamt oder Stadtplanung wären Arbeitsbereiche, die er sich gut vorstellen könne, meinte er in einem Interview mit dem Tagesspiegel.

Formal ist es so, dass die Mitglieder des Bezirksamts erst gewählt werden und anschließend eine Ressortaufteilung erfolgt. Darum wird es auch in der ersten konstituierenden Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung noch keine Wahlen der Stadträte geben. Hinter den Kulissen finden.

AfD will anscheinend Bots im Bundestagswahlkampf 2017 einsetzen

Was ist von einer Partei zu halten, die sogenannte „social bots“ im Bundwahlkampf 2017 einsetzen will? Alice Weidel, Mitglied im Bundesvorstand der Alternative für Deutschland, bekundete anscheinend in einem Interview mit dem Spiegel: „Selbstverständlich werden wir Social Bots in unsere Strategie im Bundestagswahlkampf einbeziehen. Gerade für junge Parteien wie unsere sind Social-Media-Tools wichtige Instrumente, um unsere Positionen unter den Wählern zu verbreiten.“

Diese ganz und gar nicht sozialen digitalen Roboter sind nichts anderes, als automatisierte Spam-Schleudern. Sie sorgen dafür, dass von Fake-Profilen aus massenhaft vorgefertigte Nachrichten in den Sozialen Medien gestreut werden. Fake-Profile werden längst nicht mehr nur zum banalen Spammen eingesetzt, sondern beeinflussen die Kommentare und Berichterstattung. Dabei ist nicht allein der Kommentar des Bots selbst entscheidend, sondern die Flut von aktiven Hasspostings, die er hervorruft.

Jeder Nutzer von facebook und Co wird eine stetig steigende Anzahl von Freundschaftsanfragen bemerken. Manche sind schon wieder weg, bevor man sich diese anschauen kann, weil sie als Fake erkannt wurden. Andere bekommen ein Eigenleben, weil Nutzer gedankenlos die Anfrage positiv beantworten.

Es handelt sich dabei um eine üble Täuschung. Oberflächlich betrachtet, erscheinen sie als Nachrichten von „normalen“ Nutzern. Bots als Dienstleistung sind billig zu bekommen. Agenturen für solch fragwürdige Dienstleistung gibt es unzählige. Bots dienen einerseits der Verdrängung regulärer Beiträge und in ihrer Masse der Beeinflussung von Meinungsbildung, vor allem aber sollen sie durch Desinformation Verwirrung stiften. Offiziell haben sich alle anderen Parteien gegen den Einsatz solcher Spam-Roboter ausgesprochen. Die AfD veröffentlichte auf ihrer Seite einen Kommentar, in dem sie verkündet, keine Bots einsetzen zu wollen. Das könnte man als bisher übliche Taktik verstehen. Erst etwas sagen, dann das Gegenteil davon veröffentlichen. Im Zweifel ist immer die sog. „Lügenpresse“ schuld. Eines ist sicher, Bots sind eine Gefahr für die Demokratie, sie funktionieren in der Masse effektiver, als Trolle.

Ein direkter Nachweis der Verantwortlichkeit für Bots wird schwierig werden. Es funktionierte ja schon in den vergangenen Wahlkämpfen, als plötzlich „aus dem Nichts“ Internetseiten und Postwurfsendungen auftauchten, die massiv Werbung für die AfD machten. Die AfD zeigte sich „überrascht“ ob dieser Unterstützung von unbekannten Privatpersonen. Eines war aber meist klar, die Unterstützer publizierten auch zuvor schon im rechten oder völkischen Spektrum der Medienlandschaft.

Die Parteien in Spandau haben sich zum Umgang mit der AfD etwas unterschiedlich positioniert. Der offizielle Tenor ist eher eine einhellige Ablehnung. Niemand möchte mit Populisten Gespräche führen, gemeinsame Sache machen oder sich von ihnen wählen lassen, auch wenn die GRÜNEN mit ihrer Gesprächsankündigung mit dem AfD-Kandidaten für einigen Wirbel gesorgt hatten.

 

Populisten in der Spandauer BVV – und nun?

Populisten in der Spandauer BVV – und nun?

 

Ein Stadtrat der AfD im Spandauer Bezirksamt?!

Ein Stadtrat der AfD im Spandauer Bezirksamt?!

 

About Ralf Salecker

Ralf Salecker, freier Fotograf und Journalist (www.salecker.info)