Wilhelmstadt in Spandau, eins von sieben neuen Sanierungsgebieten

Südhafen in Spandau.
Südhafen in Spandau.

Förmliche Festlegung neuer Sanierungsgebiete

Senatsbeschluss vom 15. März 2011

Ausgangslage

Am 22. Mai 2007 hat der Senat von Berlin für die Karl-Marx-Straße in Neukölln den Beginn Vorbereitender Untersuchungen beschlossen (Senatsbeschluss 397/2007). Insbesondere die Klärung der zukünftigen Gestaltung der Karl-Marx-Straße erforderte eine intensive Abstimmung, so dass die Ergebnisse erst jetzt vorliegen.

Am 3. März 2009 hat der Senat von Berlin den Beginn Vorbereitender Untersuchungen für weitere sechs Gebiete beschlossen (Senatsbeschluss 1914/2009):

  • Mitte – Turmstraße
  • Mitte – Müllerstraße
  • Friedrichshain-Kreuzberg – Mehringplatz/Blücherstraße
  • Spandau – Wilhelmstadt
  • Neukölln – Maybachufer/Elbestraße
  • Lichtenberg – Frankfurter Allee Nord

Für die Nördliche Luisenstadt hat der Bezirk Mitte in Abstimmung mit der Senatsverwaltung parallel zu den Vorbereitenden Untersuchungen seit Mitte 2009 ein integriertes Entwicklungskonzept Luisenstadt erarbeitet. Gesonderte Vorbereitende Untersuchungen waren daher nicht mehr erforderlich, da nach § 141 Absatz 2 BauGB das vorliegende Entwicklungskonzept eine ausreichende Grundlage für die Festlegung als Sanierungsgebiet ist.

Entwicklungskonzepte

Für alle sieben Gebiete sind in enger Zusammenarbeit mit den Bezirken und den wichtigen Gebietsakteuren integrierte Entwicklungskonzepte erarbeitet worden. Alle Gebiete zeichnen sich durch Funktionsschwächen aus, insbesondere durch Funktionsverluste auf gewerblichen und öffentlichen Flächen.

Die Hauptprobleme der Turmstraße sind qualitative Defizite der Einzelhandelstruktur und ein hoher Erneuerungs- und Umbaubedarf des öffentlichen Raums. Die Funktionsschwäche der Turmstraße wird verstärkt durch untergenutzte Grundstücke, die Schließung des Hertie-Kaufhauses und die planerische Unsicherheit der Woolworth- Filialen. Es bestehen quantitative und qualitative Defizite bei Jugendfreizeiteinrichtungen und Sportflächen. Bedeutende Einrichtungen der sozialen Infrastruktur sind erneuerungs- und umbaubedürftig.

Die Müllerstraße im Wedding ist ein Zentrum mit hohen Nutzungs-/Gestaltungsdefiziten und hoher sozialer Problemdichte. Durch schwindende Kaufkraft, starke Konkurrenz neuer Einzelhandelsstandorte und den Verlust wichtiger zentraler Funktionen konnte sich die Müllerstraße nicht in ausreichendem Maße entwickeln. Die Probleme spiegeln sich insbesondere in den öffentlichen Räumen wider. Die Schulen, Kitas und Jugendfreizeiteinrichtungen haben erheblichen Erneuerungsbedarf und es besteht teilweise ein Defizit an öffentlichen Grün- und Freiflächen.

Die Nördliche Luisenstadt weist nach jahrzehntelanger Stagnation auf Grund der Grenzlage erhebliche städtebauliche und strukturelle Defizite auf. Die Unstrukturierung der gründerzeitlichen Gewerbebereiche und Brachflächen am Wasser erfordert die öffentliche Erschließung und Versorgung mit Infrastruktur.

Die Südliche Friedrichstadt ist durch erhebliche städtebauliche und funktionale Schwächen gekennzeichnet. Das Gebiet wird seiner innerstädtischen Lage bzw. Bedeutung nicht gerecht. Wichtige Areale und öffentliche Standorte sind städtebaulich nicht eingebunden. Es bestehen erhebliche funktionale und gestalterische Mängel bei den Einrichtungen der sozialen Infrastruktur und im öffentlichen Raum.

Die Spandauer Wilhelmstadt weist eine rasch zunehmende Funktionsschwäche der Pichelsdorfer Straße als ehemalige Einkaufsstraße sowie eine negative soziale Entwicklungstendenz auf. Problematisch ist die Barrierewirkung der Bahn zwischen Altstadt und Wilhelmstadt. Wohnumfeldmängel und der Mangel an Jugendfreizeiteinrichtungen sowie Kinderspielplätzen werden als problematisch beurteilt. Entlang der Havel liegen untergenutzte und ungenutzte größere Grundstücke, die Potenziale einer positiven Gebietsentwicklung sind.

Die Karl-Marx-Straße ist das Bezirkszentrum von Neukölln und gehört zu den Hauptzentren der Berliner Innenstadt. Die Zunahme der Funktionsschwäche durch Leerstände wichtiger Immobilien, der Niveauverlust der Einzelhandelsbetriebe, einhergehend mit sinkender Kaufkraft, ist unübersehbar. Die negativen Entwicklungstendenzen strahlen auf die benachbarten Quartiere aus. Die Karl-Marx-Straße hat eine hohe Verkehrsbelastung und geringe Aufenthaltsqualitäten.

Die Wohn- und Lebensbedingungen der Bevölkerung in dem innerstädtischen Wohngebiet Maybachufer/Elbestraße sind durch städtebauliche Mängel beeinträchtigt. Infolge der dichten Bebauung ist ein Teil der Wohnungen schlecht belichtet, besonnt und belüftet. Etliche Wohngebäude haben hohen Erneuerungsbedarf. Der bauliche Zustand, die Ausstattung der vorhandenen Infrastruktureinrichtungen und der Zustand der Freiflächen ist mangelhaft. Im Gebiet besteht darüber hinaus ein quantitatives Defizit an öffentlichen Grün-, Spiel- und Sportfreiflächen. Der öffentliche Raum und das Wohnumfeld bieten wenig Aufenthaltsqualitäten.

Die Frankfurter Allee Nord hat erheblichen Erneuerungs- und Anpassungsbedarf bei der sozialen Infrastruktur. Der öffentliche Straßenraum ist überdimensioniert. Größere Areale liegen oder fallen demnächst brach: insbesondere das ehemalige MfS-Areal, das Hubertusbad, der Schulkomplex Rüdigerstraße und die Kinderklinik Lindenhof.

Die Vorbereitenden Untersuchungen belegen, dass für alle Gebiete ein erheblicher städtebaulicher Investitionsbedarf besteht, um den strukturellen Mängeln, Funktionsschwächen und Abwärtstendenzen zu begegnen. Insbesondere mit dem Anpassungsbedarf bei Bildungseinrichtungen, im öffentlichen Raum und den Grünflächen bestehen Möglichkeiten, die Lebensverhältnisse in den Gebieten zu verbessern.

Der Zustand der vorhandenen Wohn- und Gewerbegebäude in allen Gebieten ist überwiegend gut bis befriedigend. Die Verbesserung der Energiebilanz ist jedoch in weiten Bereichen erforderlich.

Übergreifende Schwerpunkte der integrierten Gebietsentwicklung

Wohnstandorte an künftige Lebensansprüche anpassen

Städtisches Leben für Jung und Alt erfordert qualitätvolle öffentliche Räume und eine gute wohnungsnahe Ausstattung mit sozialer und kultureller Infrastruktur. Mit gezielten Maßnahmen soll die Wohn- und Lebensqualität sozial verträglich aufgewertet werden.

Bezirks- und Stadtteilzentren stabilisieren und entwickeln

Das Zusammenspiel von Dienstleistungen, Handel, Kultur, Wohnen und Arbeiten macht die Vitalität und Funktionsfähigkeit von zentralen Stadträumen aus. Die Bezirks- und Stadtteilzentren haben als zentrale Stadträume eine Leitfunktion für die Zukunft der Stadt, in dem ihre Attraktivität durch funktionale, soziale und bauliche Vielfalt gestärkt wird. Neue Potenziale sollen gemeinsam mit den Partnern vor Ort erschlossen werden.

Sozial schwierige Gebiete nachhaltig stabilisieren und aufwerten

Gebiete mit hoher sozialer Problemdichte sind nachhaltig zu stabilisieren und aufzuwerten. Eine hohe Qualität und breite Verfügbarkeit von guten Bildungs-, Freizeit-, Sport-, und kulturellen Angeboten verbessern das Image und sollen die Kommunikation und das Zusammenleben der Menschen unterschiedlicher Herkunft fördern.

Historisch wertvolle Stadtquartiere und Ensembles revitalisieren

Die Sicherung und Entwicklung des baukulturellen Erbes hat eine große Bedeutung für die Schönheit und das Image Berlins und schafft lokale Identität. Die historischen Quartiere sollen als lebendige Orte für alle Lebensbereiche, wie Wohnen, Arbeiten, Handel, Kultur und Freizeit gestärkt werden. Die Förderung soll dazu beitragen historische Gebäude, Straßen und Plätze, aber auch die bauliche und strukturelle Eigenart der Gebiete zu erhalten und weiter zu entwickeln.

Beitrag zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung

Die Förderung soll einen städtebaulichen und baulichen Beitrag zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung der Quartiere leisten.

Aktive Beteiligung, Zusammenarbeit und Eigeninitiative fördern

Beteiligung, Mitwirkung und die Förderung von Eigeninitiative und ehrenamtlichem Engagement ist zentrales Anliegen der Stadterneuerung. Denn nur partnerschaftliche Stadtentwicklung, Partizipation, Einbindung der Zivilgesellschaft und der Wirtschaftsakteure ermöglichen es, Projekte zielgenau umzusetzen.

Grunddaten der Sanierungsgebiete

Sanierungsgebiet Grundstücke Fläche in ha Einwohner (30.6.2010)
Mitte Turmstraße 476 93 13.598
Mitte Wedding/ Müllerstraße 350 108 13.279
Mitte Nördliche Luisenstadt 119 26 1.470
Friedrichshain-Kreuzberg Südliche Friedrichstadt 157 63 6.215
Spandau Wilhelmstadt 591 104 12.215
Neukölln Karl-Marx-Straße/ Sonnenallee Teilgebiet KMS Teilgebiet Sonnen allee 354 386 68 52 8.905 16.857
Lichtenberg Frankfurter Allee Nord 102 25 2.129
Anzahl der Gebiete: 7 2.535 539 74.668

Zur Deckung der Kosten der einheitlichen Vorbereitung und zügigen Durchführung der städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen werden Bundesfinanzhilfen der Städtebauförderung, Mittel des EU-Strukturfonds EFRE, Landesmittel und zweckgebundenen Einnahmen der Städtebauförderung eingesetzt. Zur Finanzierung werden folgende in der Haushalts- und Finanzplanung enthaltene Finanzierungsquellen herangezogen:

  • Programme der Städtebauförderung (Städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen, Aktive Zentren, Städtebaulicher Denkmalschutz West, Stadtumbau Ost),
  • Zukunftsinitiative Stadtteil, Teilprogramm Stadterneuerung,
  • Infrastruktur in Sanierungsgebieten (zweckgebundene Einnahmen der Städtebauförderung),
  • Schul- und Sportanlagensanierungsprogramm, -Globalhaushalte der Bezirke

Zusammenfassung der Kosten für sieben Gebiete (in T€)

Kostengruppen Turmstraße Weding/ Müllerstraße Nördliche Luisenstadt Südliche Friedrichstadt Wilhelmstadt Karl-Marx-Straße/ Sonnenallee Frankfurter Allee Nord
Maybach-ufer/Elbestraße Karl-Marx-Straße
Vorbereitung und Abschluss 700 933 340 2.000 450 450 1.625 1.000
Ordnungsmaß
nahmen/sonstige 1.750 400 1.600 1.100 1.150 3.000 1.900 2.360
Maßnahmen
Aufgabenerfüllung für Berlin 2.200 1.800 1.200 1.200 1.200 2.200 2.200 1.200
Aktivierung / Beteiligung Dritter 2.400 2.500 200 0 780 600 3.550 100
Soziale/ kulturelle Infrastruktur 9.614 19.051 2.800 10.304 14.055 15.750 5.240 13.690
Grün- und Freiflächen 7.918 6.225 0 2.800 4.360 870 90 2.710
öffentlicher Straßenraum 7.940 4.900 7.260 9.320 5.420 2.910 14.515 3.982
Summe rd. rd. rd. rd. rd. rd. rd. rd.
rd. 216.000 33.000 36.000 13.000 27.000 27.000 26.000 29.000 25.000

Zeitrahmen

Die Sanierungsmaßnahmen sollen in den einzelnen Sanierungsgebieten in den nachfolgenden Fristen durchgeführt werden:

  • Mitte – Turmstraße: 15 Jahre.
  • Mitte – Wedding/Müllerstraße: 15 Jahre
  • Mitte – Nördliche Luisenstadt: 15 Jahre
  • Friedrichshain-Kreuzberg – Südliche Friedrichstadt: 10 Jahre
  • Spandau – Wilhelmstadt: 15 Jahre
  • Neukölln – Karl-Marx-Straße/Sonnenallee: 15 Jahre
  • Lichtenberg – Frankfurter Allee Nord: 10 Jahre

About Ralf Salecker

Ralf Salecker, freier Fotograf und Journalist (www.salecker.info)