So demontiert man sich selbst und das Vertrauen in die Politik …
Das neue Jahr ist nun doch schon ein paar Tage alt. Noch immer kämpfe ich mit den technischen Problemen hier am Blog. Weil die Zeit fehlt, klappt es mit der Ursachenforschung nicht so recht. Die Arbeit geht dann doch vor. Der erste Versuch, wieder testweise einen Schritt in die Normalität zu machen und regelmäßig etwas zu veröffentlichen, greift dann ein Thema auf, welches nicht wirklich ein Spandauer Thema ist, auch wenn Politikverdrossenheit und ihre Folgen ebenfalls in Spandau zu bemerken sind. Nicht ohne Grund hat die Piratenpartei so außerordentliche Erfolge zu verzeichnen. Ihr traute und traut der Wähler anscheinend neue Ideen und Transparenz zu. Ob dieses Vertrauen anhält oder sogar zunimmt, werden die nächsten Landtagswahlen zeigen.
Andere haben da ganz andere – selbst verursachte – Probleme. Auch diese begannen im alten Jahr und wurden mit ins neue hinübergenommen. Ob das so schlau war, mag bezweifelt werden. Kabarettisten freuen sich über diesen Service mancher Politiker und Parteien.
Da gibt es einen Bundespräsidenten, der schon zu seiner Zeit als Ministerpräsident ein paar Fehler begangen hat, die andere längst Kopf und Kragen oder die Arbeitsstelle gekostet hätten. Die Gradwanderung eines Politikers, wenn es darum geht, zwischen Freundschaftsdiensten, Gefälligkeiten und Vorteilsnahme im Amt zu unterscheiden ist sicherlich eine schwierige. Trotzdem genügt es nicht, bei berechtigter Kritik an gewissen Verhaltensweisen eine etwas jammervolle Gegenfrage in den Raum zu stellen, ob ein Politiker keine Freunde mehr haben darf. Vor allem dann nicht, wenn es sich bei den Freunden eben nicht um Frau Krause aus dem Nachbarhaus handelt, sondern Unternehmer, die sich möglicherweise einen Vorteil von der Verbindung versprechen. Schon der Anschein sollte vermieden werden.
Aus der „Finanzaffäre“ wurde eine „Medienaffäre“
Aus der „Finanzierungsaffäre“ ist inzwischen eine „Medienaffäre“ geworden. Wenn dieser Politiker vorher im Meer der Boulevardpresse gebadet hat und ihr, wenn nicht mehr die schönen werbewirksamen Bilder publiziert werden, den Krieg erklärt, dann stimmt etwas nicht mit seinem Verständnis von Pressefreiheit. Presse ist kein auf Bestellung funktionierendes Werkzeug. Mag man bei einem Mal noch von einem Ausrutscher in einer emotional angespannten Situation reden wollen oder können, ist es im Wiederholungsfall ein grundsätzliche Problem, welches mehr als nachdenklich stimmt.
Ein Bundespräsident hat in seinem Amt nicht viel zu entscheiden. Als eher repräsentative Person hat er die Möglichkeit und Pflicht, unabhängig von Parteipolitik, als moralischer Mahner aufzutreten. Aus diesem Grund sind die Anforderungen, die an diese Person gestellt werden, besonders hoch. Nun mag die Forderung nach einem moralischen Vorbild eine sehr weitreichende sein. Nachvollziehbar ist sie in jedem Fall.
Dieser Verantwortung wurde er mehrfach nicht gerecht. Fehler macht jeder, keine Frage. In verantwortungsvoller Position muss man mit solchen Fehlern offen und ehrlich umgehen. Eine Salamitaktik, die nur das vorsichtig eingestehen möchte, was die Presselandschaft inzwischen breit publiziert hat, ist da der völlig falsche Weg.
Transparenz sieht anders aus
Offenheit und Transparenz zu versprechen und anschließend nicht einzuhalten, zerstört jegliche noch vorhandene Glaubwürdigkeit. Wer erst öffentlich (vor etwa 18 Millionen Fernsehzuschauern) zusagt, mehr als 400 Fragen von Journalisten zu beantworten und die Ergebnisse online zu stellen, darf sich nicht hinter juristischen Spitzfindigkeiten verstecken, wenn es an die Umsetzung geht. „Transparenz in bisher nicht dagewesenem Maße“ sieht anders aus! Selbst die Anfangs von mehr als der Hälfte der Bevölkerung unterstellte „bösartige Pressekampagne“ scheint für immer weniger Menschen glaubwürdig zu sein. Die schönen Bilder aus dem „Königshaus“ verblassen offensichtlich. Die unangenehme Realität scheint immer stärker durch. Aus welchem Grund sollte sich auch eine bisher konkurrierende Presse, mit unterschiedlichen politischen Standpunkten, plötzlich absprechen, um die Person im höchsten Amt des Staates zu demontieren?
Verwirrend, ja schizophren, scheint die Ablehnung und Verurteilung eines solchen Verhaltens in der Bevölkerung auf der einen Seite und die bisher noch mehrheitliche Vermeidung von Konsequenzen auf der anderen Seite. Das Pendel der Umfragen bewegt sich aber immer stärker in die andere Richtung. Irgendwann werden es nicht nur ein paar Hundert sein, die einen Schuh hoch halten. In der übrigen Parteienlandschaft wurde bisher eher verhaltene Kritik geäußert. Die nimmt aber zu. Haben zu viele ihre eigenen Leichen im Keller? Andererseits kommt aktuell die Kritik auch aus dem Umfeld von Kanzlerin Merkel. Damit verändert sich etwas …
Nicht alle wollen kommen
Der Bundespräsident empfängt heute die Kanzlerin und ihr Kabinett zu einem Neujahrsempfang im Schloss Bellevue. Auch andere Personen des öffentlichen Lebens sind geladen. Eine davon, Edda Müller, die Vorsitzende der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International Deutschland, früher einmal Vorstand des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände, hat ihre Teilnahme abgesagt, weil der Bundespräsident nicht die versprochene Aufklärung geliefert hat.
Der Deutsche Journalistenverband (DJV) blieb der Veranstaltung aus den o.g. Gründen ebenfalls fern.
Der Unionsfraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier (CDU), reagierte empört auf den Boykott durch einige öffentliche Vertreter. Er nannte dieses Vorgehen „stillos und falsch“.
Nachdem der letzte Bundespräsident sein Amt beschädigt zurück gelassen hat, untergräbt der jetzige das letzte Quäntchen Glaubwürdigkeit und Respekt vor diesem Amt. Ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin im Amt, wann immer dies der Fall sein mag, wird es schwer haben, sich diesen Respekt wieder zu verdienen.
Da war doch noch etwas …
Tja, dann gibt´s da noch eine 2-Prozent-Partei, die eine intensive Oppositionsarbeit innerhalb der Regierungskoalition betreibt. Von der Spandauer FDP hört man nichts. In einem Bundesland flog sie aus einer Koalition, nicht etwa, weil zwischen den Koalitionären Streit herrschte. Das kann diese Partei auch ganz alleine. Nur in einem Bundesland scheint sie noch von Bedeutung. Dort stehen bald Landtagswahlen an. Möglicherweise überlebt sie diese, weil sie wiederum als Opposition agiert, diesmal aber zu eigenen Bundespartei.
Der Jahreswechsel hat also spannendes Futter gebracht, auch wenn es man einen schon zu nerven beginnt. Sich davon aber leiten zu lassen, wäre ein großer Fehler. Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.
Ralf Salecker