Zitadelle Spandau – Rundgang

Ein Führung durch die Zitadelle Spandau

Zitadelle Spandau, Bastion König: Foto: Ralf Salecker - www.unterwegs-in-spandau.deDie ZITADELLE SPANDAU, am Zusammenfluss von Spree und Havel gelegen, gehört zu den bedeutendsten und besterhaltenen Festungsbauten aus der Hochrenaissance. Sie selbst und ihre direkte Umgebung sind seit 1959 Landschaftsschutzgebiet.


Will man die Zitadelle erreichen, die nordöstlich der Spandauer Altstadt am Zusammenfluss von Spree und Havel liegt, überquert man die 1939 errichtete Zitadellenbrücke. Auf ihrem Geländer zeigen Guß- und Schmiedearbeiten die historische Entwicklung des Helmes.

Die Festung ist von einem breiten Wassergraben umgeben, dem Zitadellengraben. Er folgt der Außenform des Zitadellensterns und steht in direkter Verbindung mit der seeartigen Oberhavel. Mit der Anlage des Festungsgrabens (um 1620) wurde eine leichte Pfahlbrücke errichtet. Zwei Zugbrücken brachten ergänzende Sicherung. 1864 begann man zur Stützung der Brücke einen Damm aufzuschütten. 1882 wurde das sogenannte Defensionsgitter angebracht.

Das Zitadellentorhaus wurde 1563 fertiggestellt. Es war das erste Gebäude der neuen Festung. Der italienische Architekt Chiaramella gestaltete den Eingang als eine verkleinerte Kopie des Stadttores von Verona. Mit dem Prunktor wollte Kurfürst Joachim II seine Aufgeschlossenheit gegenüber den Künsten zeigen. Das große Brandenburgische Staatswappen ziert seit 1680 den Giebel. Es trägt den Besitzstand Kurbrandenburgs mit 17 Besitz- und acht Anspruchswappen, sowie Regalien und Kurzepter. Die Königskrone befindet sich dort erst seit der Krönung Kurfürst Friedrich III. zum ersten preußischen König.

Den Wappenschild, von zwei Adlern getragen, umrahmt ein Band mit der Devise des 1348 gestifteten englischen Hosenbandordens: »Honi soit qui mal y pense« (eigentlich: Honni soit qui mal y pense; ein Schelm der böses dabei denkt).

Eine Tafel aus geschliffenem schwarzen Granit rechts neben dem Eingangstor der Zitadelle erinnert an ihre Rückeroberung durch russische und preußische Truppen unter dem Oberbefehl Generals August von Thümen (Kapitulation der Franzosen am 23.April 1813).

Das Kernstück des Torhauses bildet eine dreischiffige Halle. Es wurde um 1620 zum Kommandantenhaus umgebaut. Bis auf die Laube an der Ostseite erhielt es seine heutige Größe. Die Fassade wurde, nachdem sie bei einem Beschuss im Jahre 1813 beschädigt worden war, um 1839 im klassizistischen Stil neu gestaltet.

Südlich des Juliusturmes erstreckt sich die Bastion König. Der Verteidigungshof an der Südseite hatte die Aufgabe, die Südkurtine (Verbindungswall zwischen den Bastionen König und Königin) mit dem Torhaus zu sichern. Die Bastion König besitzt hinter ihren Außenmauern zwei Gangsysteme. Die obere Feuergalerie war mit schweren Geschützen bestückt. Von der unteren Feuergalerie (»Minengang«) aus sollten Angreifer durch Handfeuerwaffenbeschuß am Durchschwimmen des Zitadellengrabens gehindert werden. Im 2.Weltkrieg dienten die Kasematten mit ihren schweren Schutzmauern als Luftschutzkeller. Erst 1809 wurden die im 17.Jahrhundert absichtlich zugeschütteten oberen Kasematten wieder entdeckt.

Der Juliusturm, das Wahrzeichen Spandaus, ist das älteste Bauwerk Berlins. Die genaue Bauzeit ist unbekannt. Die Findlinge des Turmsockels ermöglichen eine Datierung in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts. Er ist gemeinsam mit dem Palas Teil des erhaltenen Restes der spätmittelalterlichen Burganlage Spandau, die eine der Wachburgen im Zuge der sog. Havel-Nuthe Linie war. Die Namensgebung ist nicht eindeutig belegt. Erstmals erscheint der Name im Jahre 1400. Urkundlich erwähnt wird er dann 1560, wahrscheinlich benannt nach Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel.

Der im Grundriß kreisrunde Turm hat einen äußeren Durchmesser von I2,60 m. Seine Höhe, inklusive Zinnenkranz beträgt 30,73 m. Statiker berechneten sein Gewicht auf 6000 Tonnen. Das aufstrebende Backsteinmauerwerk ist im Laufe der Zeit mehrmals überarbeitet worden. In der Renaissance erhielt der Turm einen Verputz im Geschmack der Zeit. Ferner wurde das Mauerwerk im oberen Teil des Innenraumes verstärkt und eine Wendeltreppe zugesetzt. Die Schießscharten erhielten eine neue Gestaltung.

Folgenschwer für den Turm war der Beschuss der Zitadelle durch preußische Truppen 1813, – er brannte aus. Als Folge stürzte 1822 die Mauerkrone herunter. 16 Jahre blieb der Turm ohne Zinnenkranz. Karl Friedrich Schinkel erhielt 1836 den königlichen Befehl, einen neuen Zinnenkranz zu entwerfen. Sein Entwurf, der Kranz mit 24 Zinnen, passt sich harmonisch dem gotischen Bau an. Wegen der Schrägstellung des Turmes um etwa 0,81 m musste der Baumeister Schinkel zum Ausgleich den Schaft des Kranzes auf der Westseite überhöhen.

1842 erhielt der Turm den Eingang an heutiger Stelle. Bis zu dieser Zeit erfolgte der Zugang in die Wohnetage vom Palas aus. Bei mittelalterlichen Türmen war es üblich, den Zugang etwa 10-15 Meter über das Erdniveau zu legen. (Übergang vom Museum zum Juliusturm). Eine Wendeltreppe im Stil der Neugotik führte durch das Angstloch in die Wohnetage. Durch diese Öffnung wurden ursprünglich die Gefangenen in das Verließ abgeseilt. Wegen seiner sicheren Lage innerhalb einer Festung diente der Turm bereits 1650 als Aufbewahrungsort des kurfürstlichen Silberschatzes. Nach den Kriegen 1870-1871 wurde der Juliusturm zum Lagerort für den Reichskriegsschatz bestimmt und über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt. Die Tresortür, 3000 Kilo schwer, stammt aus dem Jahre 1910.

1964 wurde der Juliusturm restauriert und zur Besichtigung freigegeben. 1997 durchschnitten Kulturstadtrat G. Hanke und Kunstamtsleiterin A. Theissen ein symbolisches Band, um den Juliusturm nach umgerechnet 45.000 Euro teuren Bauarbeiten wieder freizugeben.

Der Palas, Wohn- oder Saalbau für die Herrschaft einer Burg und das älteste Gebäude Berlins, schließt sich in nordöstlicher Richtung an den Juliusturm an. Wie die Untersuchung der Hölzer und der im Fundament verbauten jüdischen Grabsteine (Dauerausstellung in der Bastion Königin) belegt, stammt der Palas aus dem 15. Jahrhundert. Er besaß einen Kamin und eine Küche. Die Innenräume waren unverputzt. Im ersten Stock befand sich ein großer durchgehender Festsaal. Die Wohnräume lagen im Obergeschoss. Zugang in das Haus ermöglichte eine Außentreppe an der Nordseite.

Das Spandauer Schloss, wie die Burg später hieß, war seit 1451 Wohnort der Witwen der brandenburgischen Kurfürsten und zeigt eine für dortige Verhältnisse recht aufwendige Architektur. Als erste residierte dort von 1470-76 die Gemahlin von Kurfürst Friedrich I., Katharina. Bei der Explosion des Pulverturmes der Bastion Kronprinz (1691) wurde auch der Palas in Mitleidenschaft gezogen. Er erhielt beim Wiederaufbau eine Innenausstattung im Stil des Barock. 1703 waren die Arbeiten beendet. 1813 beim Beschuß der Zitadelle brannte das Gebäude aus. Nach der Wiederherstellung kam 1817 ein Geheimes Raketenlaboratorium in die Räume. (In den klaren Formen des preußischen Klassizismus erstand es 1821 neu.) Eine erneute Umgestaltung zum Offizierskasino erfolgte 1936. Das heute wieder unverputzte Haus wurde 1976 nach vorgefundenen Architekturresten restauriert und rekonstruiert. Es enthält Veranstaltungs- und Ausstellungsräume.

Unter dem Dach ist das Archiv des Stadtgeschichtlichen Museums untergebracht.

Kurtinen verbinden die Bastionen der Zitadelle. Bastion Kronprinz und Brandenburg werden durch die Nordkurtine verbunden. Sie ist die einzige Kurtine, die zur Sicherung der Wasserfläche im Vorfeld der Festung eine Verteidigungsgalerie besitzt.

Die Ostkurtine zwischen Bastion Brandenburg und Königin besitzt im Ansatz an der Bastion Brandenburg eine Kasematte mit zwei Verteidigungsstellungen zur Sicherung der rechten Flanke.

Zwischen Torhaus und Bastion Königin verläuft die Südkurtine, welche zur Hofseite hin als begrünte Böschung erkennbar ist.

Von der Bastion König führt die Westkurtine zur Bastion Kronprinz. Ihr vorgelagert ist der Ravelin »Schweinekopf«. Entlang des Kurtinenweges verläuft 0,60m höher der Schützenaufstand mit Brustwehr.

1983 wurden bei Restaurierungsarbeiten am Palas, dem Juliusturm, den Kurtinen- und Bastionswänden die Vorgänger der heutigen Zitadelle entdeckt. Dabei stießen die Archäologen auf Reste einer spätslawischen Anlage aus dem 11. Jahrhundert, sowie auf Fundamente einer Ringmauer des 15. Jahrhundert.

Im 1994 neugeschaffenen Foyer B (innerhalb der Westkurtine) besteht die Möglichkeit, die Entwicklung der Burg Spandau im Verlauf mehrerer Jahrhunderte zu betrachten. Ein 20m breiter Burggraben trennte seinerzeit Palas und Juliusturm als Kernbereich von der übrigen Burg. In einem Schauraum innerhalb der Westkurtine werden die Grabungsbefunde präsentiert.

Vor der Westkurtine steht das 1886-88 erbaute, sog. Offiziantenhaus (Heute: Sitz der Museumsverwaltung der Zitadelle).

An der Hofseite standen Stallungen sowie die Schmiede der Zitadelle. Beide wurden 1936 für den Bau des Verwaltungsgebäudes abgebrochen. Das 1936 erbaute Gebäude schließt sich unmittelbar an das Offiziantenhaus an und beherbergte bis 1945 Institute und Bibliothek des Heeres-Gasschutz-Laboratoriums. Seit Beginn der Fünfziger Jahre als Schulgebäude genutzt, diente der langgestreckte Bau in den Achtziger und Neunziger Jahren der Kampfstoffbeseitigungs-Abteilung der Polizei.

Heute haben im Erdgeschoß eine Instrumentenbauwerkstatt (Klang-Holz e.V.), eine Glasgravur-Werkstatt, die Wollwerkstatt, sowie die Puppenbühne der Zitadelle ihre Räume. In den beiden oberen Etagen wurden weitere Kunsthandwerker und Künstler angesiedelt.

Der Ravelin ist ein Vorwerk und erhebt sich vor der Mitte der Westkurtine. Er sichert den flachen Landstreifen, genannt Glacis, nach Westen gegen die Havel und den Nordteil der Stadt Spandau. (Die Bezeichnung Schweinekopf taucht um 1650 erstmalig auf.) Die heutige Form des Ravelin geht auf einen Umbau im Jahre 1704 zurück. Den Grundriß bilden zwei gleichlange Facen. Hinter der Ravelinspitze befindet sich als Kanonenstellung ein breiterer Platz, zu dem eine kurze Rampe hinaufführt.

Von der Bastion König führt die Westkurtine zur Bastion Kronprinz. Graf Lynar begann 1578 mit dem Bau, jedoch bestimmen verschiedene Bauepochen das heutige Bild. Am 31.8.1691 schlug ein Blitz in den Pulverturm und brachte ihn zur Explosion. Mit dem Wiederaufbau der Bastion (1691-1701) veränderte man das Aussehen des Bastionshofes. Das Plateau der Bastion erhielt einen Kanonenturm, Kavalier genannt. Auf einer Rampe konnte man auch schwere Geschütze nach oben befördern. Die Kasematten des Kavaliers dienten im 19.Jahrhundert als Aufbewahrungsräume für Proviant. Im 18.Jhd. wurde im Hof der Bastion ein kleines Hafenbecken angelegt, welches später wieder zugeschüttet wurde. Nach umfangreichen Rekonstruktionsarbeiten wurde das Hafenbecken 1997 fertiggestellt. Bei 1977-1981 durchgeführten Bauuntersuchungen wurden in der Spitze der Bastion ein Brunnen freigelegt und der Wacherker der linken Flanke wiederhergestellt.

Vor der Nordkurtine steht ein Kasernengebäude, dessen heutiger Bau wurde 1861 bezogen wurde. Schon im 17.Jahrhundert ist an dieser Stelle ein Magazinbau nachweisbar, den man jedoch 1691, nach der Explosion der Bastion Kronprinz, abriss. Die alte Fassade aus gelbem Backstein ist inzwischen wieder hergestellt. 1936 wurde die Backsteinfassade umgestaltet. 1944 kam es zu starken Beschädigungen durch Brandbomben. (1950 zog die Otto-Bartning-Schule in die vereinfacht wiederhergestellten Räume.)

Die Bastion Brandenburg, hat wie die Bastion Kronprinz keine Verteidigungsgalerie. Beide sind untereinander durch einen Kanonengang verbunden. Nach dem Krieg gesprengte Gewölbe dienten als Sprengkammen für das Heeres-Gasschutz-Labor.

Architektonisch interessant sind die 1822-1824 erbauten »Italienischen Höfe« mit ihren Schwibbögen, die im Entwurf ebenfalls auf Lynar zurückgehen. Auf der Bastionsoberfläche bestimmen die 1936 erbauten Gebäude des Heeres-Gasschutz-Laboratoriums das Bild. Um sie zu erbauen, wurden der Kavalier und einzelne Kanonenstellungen abgetragen. 1979/1980 begann die historische Rekonstruktion der Anlage. Wacherker, Schützenaufstand mit Erschließungstreppe, sowie Mauerabschnitte der linken und rechten Flanke wurden wieder freigelegt.

An der Ostseite des Zitadellenhofes steht das ehemalige Magazingebäude. In seiner heutigen Form wurde das Magazin 1814-1817 erbaut, nachdem es 1813 beim Beschuß der Zitadelle ausgebrannt war. Zu Beginn des 19.Jahrhunderts waren hier Festungsgefangene untergebracht. Im Erdgeschoss sind heute historische Boote und Gebrauchsgegenstände der Havelfischer eingelagert. An besonderen Tagen werden hier geräucherte Havelfische angeboten.

Die Bastion Königin wurde zwischen 1558 und 1578 nach Entwürfen des Baumeisters Chiaramella erbaut. Sie besaß wie die Bastion König eine obere und untere Verteidigungsgalerie. Am 18.April 1813 explodierte das in der Bastion Königin befindliche Pulvermagazin nach Beschuß durch preußischeTruppen. In den Jahren 1832-1842 vollzog sich der Wiederaufbau. Auch heute finden hier noch umfangreiche Baumaßnahmen statt. Ein Rundbogenportal bildet den Zugang vom Zitadellenhof her. Die Bastion Königin besitzt heute nur noch eine Verteidigungsgalerie.

Am Beginn der Kasematten sind jeweils Magazinräume angeordnet. Im linken Magazin ist eine Ausstellung zu Funden jüdischer Grabsteine auf der Zitadelle zu besichtigen. Aus den Fundamenten von Palas und Ringmauer wurden 75 jüdische Grabsteine geborgen. Als älteste Datierung eines Steines wurde 1244 festgestellt.

Vor der Südkurtine wurden 1978-1980 Teile des ehemaligen Alten Zeughauses freigelegt und restauriert. Das Zeughaus stammt aus der ersten Zitadellenbauzeit und brannte beim Beschuß der Zitadelle am 18.4.1813 ab. Im Schutt der Ruine fand man zahlreiche Kürasse, Brustharnische und Keramikteller der Zeit um 1800.

Als Ersatz für das zerstörte Zeughaus vor der Südkurtine, wurde 1856-1858 nach einem Entwurf des Geheimen Baurates Busse das »Artellerie-Zeughaus« oder »Neue Zeughaus« errichtet, ein typischer Bau in der Nachfolge Schinkels. Die Konstruktion besticht durch ihre einfache Gestaltung. Die Zweifarbigkeit der Ziegel betont dies noch. Ursprünglich waren im Erdgeschoss Kanonen, im Obergeschoss Gewehre stationiert.

Direkt neben dem Neuen Zeughaus befindet sich der Exerzierschuppen. Der Fachwerkbau stammt aus der Zeit um 1880. Manchmal dient der Exerzierschuppen als zusätzliche Ausstellungshalle.

Ralf Salecker

 

Zitadelle Spandau

About Ralf Salecker

Ralf Salecker, freier Fotograf und Journalist (www.salecker.info)