Die Zitadelle wurde für viele zum Gefängnis
In den Tagen der Revolution von 1848 gingen Menschen auch in Berlin auf die Straße, um gegen Ungerechtigkeit und Willkür aufzustehen. Bis 1989 war es die einzige Revolution in Deutschland. Mit dabei waren das Bürgertum aber auch die einfachen Arbeiter. Sie starben für ihre Ideale oder wurden verhaftet. Nach Beginn der französischen Februarrevolution entstanden auch in deutschen Ländern Aufstände gegen die herrschenden Mächte. Die Revolutionäre strebten u.a. politische Freiheiten im Sinne demokratischer Reformen, Pressefreiheit, Errichtung eines Parlaments – heute ganz grundlegende Selbstverständlichkeiten bei uns, die heutzutage aber mancherorts zu wanken beginnen.
Am 18. März wollte der König Friedrich Wilhelm IV. am Berliner Schloss eine Proklamation verlesen, in der er dem Land eine Verfassung und eine liberalen Regierung verspricht. Während der Rede fielen Schüsse und die Situation eskalierte, ein Aufstand brach los. Barrikaden wurden errichtet und angezündet. Mehrere hundert Menschen sterben. Bis in die Morgenstunden des 19. März toben Kämpfe in den Straßen Berlins. Der König lenkte ein und befiehlt den Abbruch des Kampfes, um weiteres Blutvergießen zu verhindern.
183 Märzgefallene wurden am 22. März auf dem Friedhof im Friedrichshain beerdigt. Der Leichenzug zog auch am Schloss vorbei. Aus der Menge schallte die Forderung „Hut ab“ an den König, als er auf den Balkon trat. Aufgeheizt, wie die Stimmung war, tat er dies auch. Viele Adlige sahen darin eine Kapitulation vor dem „gemeinen Volk“.
Prinz Wilhelm, der spätere Kaiser Wilhelm I., teilt diese Haltung seines Bruders nicht. Wäre es nach ihm gegangen, hätte man die Aufrührer gnadenlos mit Kartätschen zusammengeschossen. In seinen Erinnerungen beschreibt dieser die ersten Tage wie folgt:
„Es wuchs natürlich die Aufregung in der Stadt mit jeder Truppenausrückung und wegen Klagen, dass auch Unschuldige Säbelhiebe erhalten hätten; die beständige Anschuldigung gegen die Truppe, als ob diese beim Einhaun erst jeden einzeln fragen sollte, ob er schuldig oder unschuldig sei!“
Am folgenden Tag werden 570 Berliner Revolutionäre verhaftet und nach Spandau gebracht. Über das ehemalige Potsdamer Tor (auf der Höhe von C&A) kommend wurden sie in die Zitadelle eingeliefert wo sie für einige Stunden in den Kasematten der Bastion Königin inhaftiert. Auf dem Weg dorthin mussten sie auch Misshandlungen durch Spandauer Bürger erdulden.
Der Maler Ludwig Pietsch erzählt von „grausamste Misshandlungen“ als die Gefangenen in die Zitadelle getrieben wurden. So wäre ihm die Drohung, in den Spandauer Kasematten niederkartätscht zu werden, fast wie eine Erlösung vorgekommen.
Es gab durchaus auch positive Erlebnisse, die sich aus Anzeigen in Zeitungen dieser Zeit herauslesen lassen:
„Derjenige Herr, der mir in Spandau am 19. vormittags bei unserer gemeinschaftlichen Haft so bereitwillig seinen Überrock gab und dessen Wohnung ich vergessen habe, wird freundlichst ersucht, sich zu mir hinzubemühen, wo er ihn mit dem größten Dank zurückempfangen kann. Sadilek, Buchbindermeister, Münzstr. 30.”