Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben…
Die Wählerinitiative soziales Spandau (WisS) hat ihre Wahlkampfplakate durch Spenden und aus eigener Tasche finanziert. Eine Wahlkampfkostenerstattung greift erst nach einer Wahl und dann auch nur unter bestimmten Bedingungen.
Während mache Partei schon vor dem offiziellen Termin ihre Plakate aufhängte, tat dies die WisS erst später. In der Folge hatte sie mit dem Problem zu kämpfen, kaum mehr einen freien Platz an einer Laterne zu finden.
Einige Parteien plakatieren intensiver, als es ihnen gestattet ist. Berlinweit kommen insgesamt rund 200.000 Wahlplakate zusammen. Zuständig für den Fall einer falschen Plakatierung sind die Ordnungsämter. Das Entfernen oder beschädigen eines Wahlplakates ist eine Straftat – es steht Einzelnen nicht zu, Selbstjustiz zu verüben, auch wenn die Inhalte möglicherweise strafwürdig wären. Die Beschädigung von Wahlplakaten trifft in Berlin fast jede Partei. Es scheint so, dass dies im Wahlkampf 2016 besonders häufig geschieht.
[box] Das Anbringen von Wahlplakaten bedarf einer straßenrechtlichen Sondernutzung.
Untersagung Anbringen von Wahlwerbung: An Lichtmasten mit Verkehrszeichen, an Lichtsignalanlagen, an Verkehrsschutzgittern sowie an Bäumen ist das Anbringen von Wahlwerbung nicht gestattet.
Lichtmasten: Es sollte nur jeder zweite Lichtmast genutzt werden, um allen Wahlwerbern eine Chance zu geben. Anderweitige vertraglich genehmigte Werbung an den Lichtmasten darf nicht beeinträchtigt werden. [/box]
Nachdem es der WisS (Wählerinitiative soziales Spandau) letztlich noch gelungen ist, auf Basis privater Spender und aus der eigenen Tasche ohne jede Wahlkampffinanzierung einige Wahlplakate drucken zu lassen, erwartete das Plakatier-Team eine böse Überraschung: Spandaus Straßen sind zugepflastert mit Plakaten wie nie zuvor!
Die WisS fühlt sich durch die beschränkten Aufhängemöglichkeiten für ihre Wahlplakate massiv benachteiligt.
„Mag dies – zumindest juristisch – noch zulässig sein, muss man sich jedoch fragen, inwieweit die gängige Praxis der etablierten besonders kleinere Parteien oder Wählergemeinschaften massiv benachteiligt bzw. in ihren demokratischen Grundrechten einschränkt.“
Selbstjustiz, buhlen um Aufmerksamkeit oder Hinweis auf ein echtes Problem?
Die WisS hat nun angekündigt, fehlerhaft angebrachte Plakate anderer Parteien bei Bedarf zu entfernen, um Platz für die eigenen Plakate zu schaffen. Die abgehängten Plakate werden von der WisS sichergestellt und können von den berechtigten Parteien im WisS Zentrallager in Spandau abgeholt werden. Betroffene Parteien werden von der WisS informiert.
Anzeigen durch betroffene Parteien sieht die WisS gelassen entgegen und kündigt an, den Sachverhalt sehr gerne juristisch klären zu lassen. Vielleicht führt dies dazu, dass in Zukunft weniger Plakate hängen und alle die gleiche Chance haben dafür lohnt es sich, zu streiten.
“Es kann nicht angehen, dass man als neue Wählergemeinschaft derart von den Etablierten benachteiligt wird!”, ereifert sich der 1. Vorsitzende der WisS Emilio Paolini und führt weiter aus: “Mich würde ja interessieren, ob nicht bereits das Bezirksamt eine Überbuchung der verfügbaren Plakatplätze in Spandau unterstützt oder zumindest toleriert, denn dort müsste ja bekannt sein, wie viele Lichtmasten es gibt und welche faktische Obergrenze damit den Parteien zur Verfügung gestellt werden kann. Ich werde das durch eine schriftliche Anfrage in der BVV klären lassen!”.
Um ihre Abhängaktion zu belegen, fügte die WisS ihrer Presseerklärung einige Fotos bei, denen man die Bildbearbeitung deutlich ansieht. Offensicht handelt es sich also eher um einen Versuch, auf Missstände aufmerksam zu machen, als darum, eigene Straftaten zu dokumentieren.
Der Erfolg scheint ihnen recht zugeben. Viele sahen dies als ernsthafte Abhängaktion und reagierten entsprechend. Andere vermuteten einen PR-Gag…