Behnitz, Kolk in Spandau

Der Behnitz, im Volksmund Kolk genannt

Die Straße Am Juliusturm, auf der Höhe des U-Bahnhofes „Altstadt Spandau“ schneidet den nordöstlichen Teil der Spandauer Altstadt ab. Trotzdem wäre es schade, seinen Fuß nicht hierher zu setzen. Was heute diese Straße erledigt, bewirkte damals der „Deutsche Rhein“, der 1912 zugeschüttet wurde. Ein großer Name für so wenig Wasser. Damals gab es hier, im breiten Mündungsbereich der Spree in die Havel, viele Talsandinseln. So, wie damals die alte Siedlung aus dem „Süden“ auf den Behnitz verlegt wurde, um die noch jungen Siedlungen Berlin und Cölln zu fördern, schuf man nun die breite Straße, um eine bessere Anbindung an Berlin zu haben.


Dieser Teil, der Behnitz, war einst eine Insel gewesen, über ein kleines Landstück verbunden mit dem Gebiet der heutigen Zitadelle. Daher rührt übrigens auch der Name. Behnitz stammt aus dem slawischen und bedeutet nichts anderes als Insel. Nun mag sich der informierte Leser wundern, wird doch in diesem Zusammenhang  häufiger vom Kolk gesprochen. Der Kolk ist aber nichts anderes als eine Bezeichnung für eine Vertiefung innerhalb des Flusses und eben einer Straße auf dem Behnitz. Der Behnitz ist das älteste Siedlungsgebiet innerhalb der Altstadt Spandau. Selbst aus der Steinzeit fanden sich Spuren. Nur der im Süden der Altstadt gelegene Burgwall wurde noch früher besiedelt. Noch im 13. Jahrhundert wurde diese Siedlung Bens genannt.
Vom Möllentordamm kommend fallen sofort die Reste der alten, zum Teil noch aus dem 14. Jahrhundert stammenden Stadtmauer am Hohen Steinweg, dem wahrscheinlich einzigen gepflasterten Weg der damaligen Siedlung, ins Auge. Mit einer Länge von 53 Metern und einer Höhe von sechs Metern ist sie ein imposantes Bauwerk, in dessem Schatten sich heute eine naturnahe Wiese am Mühlengraben, sowie ein gemütliches Restaurant befinden. Der Name Möllentordamm gibt gleich zwei geschichtliche Hinweise. Zum einen auf eine Mühle, die es hier einmal gab und zum anderen auf eine Fischersiedlung mit dem Namen Damm, vor der Mauer gelegen. Noch heute finden sich in den entsprechenden Grundbüchern die Einträge der „Fischereigerechtigkeit“, also dem Recht fischen zu dürfen. Nachdem das Dorf 1813 von Franzosen niedergebrannt wurde, siedelten sich die Bewohner auf der Insel Tiefwerder an.

Die engen Straßen mit windschiefen Fachwerkhäusern in der Straße Am Kolk lassen noch heute eine Vorstellung der mittelalterlichen Enge spüren. So stammt das Gebäude der Kolk-Schänke aus dem Jahr 1750, während das Gebäude der Gaststätte Kolk das Spritzenhaus der Feuerwehr aus dem Jahr 1883 war. Nur wenige Schritte weiter fällt ein inzwischen wieder wunderbar restauriertes Kirchengebäude ins Auge. Die 1848 geweihte Kirche St. Marien am Behnitz (Öffnungszeiten täglich 14.00 bis 17.00 Uhr) ist die zweitälteste katholische Kirche Berlins und befindet sich seit 2002 in Privatbesitz. Jetzt lockt sie mit zahlreichen Musikveranstaltungen und Lesungen zu moderaten Preisen. Der Innenraum ist durch Säulenreihen in drei Längsschiffe geteilt.  Die dreischiffige Basilika im Rundbogenstil wurde durch August Soller erbaut.  1894/95 erhielt sie ihre neoromanische Ausstattung.  1912-21 und 1937-45 diente sie als Garnisonkirche. Wie so viele andere Gebäude, wurde sie im 2. Weltkrieg erheblich beschädigt. Erst 1952 erfolgte eine Wiederherstellung. Bis zur Erneuerung und Beseitigung der Wandmalereien vergingen 12 weitere Jahre.Nach dem Verkauf in private Hände fanden 2002-03 umfangreiche Renovierungsmaßnahmen statt, die ihren ursprünglichen Zustand wieder herstellten. Jetzt beeindrucken prachtvolle Malereien jeden Besucher.
Die Katholische Gemeinde entstand, weil Friedrich Wilhelm I. Anfang des 18. Jahrhunderts Arbeiter aus dem katholischen Lüttich für Spandauer Gewehrfabriken anwarb.
Geht man noch ein paar Schritte den Behnitz entlang, leitet uns bald ein deutliches Rauschen zur Schleuse Spandau. Um 1572 wurde die erste Kammerschleuse Spandaus erbaut und ermöglichte so ein problemloses Wechseln zwischen dem Ober- und Unterlauf der Havel. Nach fast 10 Jahren Sperrung der schon 1910 erbauten alten Schleuse wurde 2002 die rundum erneuerte moderne Schleuse in Betrieb genommen. Jetzt können Schiffe bis zu einer Länge von 110 Metern passieren.

Ralf Salecker

About Ralf Salecker

Ralf Salecker, freier Fotograf und Journalist (www.salecker.info)