50 Jahre Großsiedlung und grünes Umfeld in Spandau
Ende der 1950er Jahre war Wohnraum immer noch knapp in Berlin. Anfangs konzentrierte sich der Wohnungsbau auf die Kernbereiche der Bezirke – vor allem in der Innenstadt. Es galt, die Folgen des Krieges zu beseitigen. Trotzdem stieg der Bedarf an Wohnraum immens. Ein hohes Bevölkerungswachstum aufgrund einer steigenden Geburtenrate und der Zuzug von Vertriebenen und Flüchtlingen verlangten nach einer Lösung.
Anfang der 1960er Jahre entstanden gleich drei Großsiedlungen am Stadtrand West-Berlins: das Märkische Viertel in Reinickendorf, die Gropiusstadt in Neukölln und das Falkenhagener Feld in Spandau. Diese Trabantensiedlungen wurden innerhalb kürzester Zeit aus dem Boden gestampft mit dem Ziel, bezahlbaren und modernen Wohnraum in großzügigen Wohnanlagen zu schaffen. Die Menschen waren anfangs überglücklich, endlich ansprechenden Wohnraum zu haben, der mit Bad, WC, Einbauküche und Zentralheizung ausgestattet war. Junge Familien mit Kindern zogen aus beengten Wohnverhältnissen in der Innenstadt an den Rand der Stadt.
Das Falkenhagener Feld entstand quasi „auf der grünen Wiese“. Schrebergärten und Landwirtschaft prägten die Landschaft sowie eine kleine Wohnsiedlung aus Einfamilienhäusern aus den 1930er Jahren. Eine schmale holprige Straße verband die Spandauer Altstadt mit Falkensee. Bis 1958 hieß sie Falkenhagener Chaussee. Diese wurde im Zuge des Wohnungsbaus zu einer sechsspurigen Straße ausgebaut.
Der Name Falkenhagener Feld leitet sich vom Falkenhagischen Feld her, das wiederum nach dem Ort Falkenhagen im benachbarten Brandenburg benannt ist. Falkenhagen und Seehof schlossen sich 1923 zur Stadt Falkensee zusammen, der am 7.10.1961 die Stadtrechte verliehen wurden.
Das Falkenhagener Feld umfasst heute in etwa das Gebiet zwischen Zeppelinstraße, Stadtrandstraße, Pionierstraße und dem Spektegrünzug. An der Kreuzung Zeppelinstraße / Falkenseer Chaussee bilden die in den Jahren 1924 bis 1926 errichteten Wohnhäuser der „Gemeinnützigen Baugesellschaft Adamstraße“ das Eingangstor ins Falkenhagener Feld. Die markanten Spitzen auf den turmartigen Eckhäusern wurden im Krieg abgebaut, wahrscheinlich um den Bombern kein auffälliges Ziel zu bieten. Erbaut wurde der gesamte expressionistisch gestaltete Komplex mit 500 Wohnungen beidseitig der Zeppelinstraße von dem Architekten Richard Ermisch, der u. a. für das Strandbad Wannsee und die Messehallen am Funkturm verantwortlich war. In Spandau errichte Ermisch neben der Siedlung Birkenwäldchen noch weitere Siedlungskomplexe in der Wilhelmstadt.
Weit geplant und eng gebaut
In den anfänglichen Planungen sollten auf einer Fläche von 100 ha 8000 Wohneinheiten für 29.000 Menschen entstehen. Inzwischen zählt das Falkenhagener Feld rund 13.500 Wohnungen mit 36.179 Einwohnern (Stand Juni 2013). Im heutigen „Siegener Viertel“, benannt nach Spandaus Partnerstadt, entstanden 1962 die ersten Wohnungen im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus. In lockerer Bauweise wuchsen 4- und 8-geschossige Zeilenbauten sowie 16-geschossige Punkthochhäuser in den Himmel. Das höchste Haus entsteht am kleinen Einkaufszentrum an der Westwaldstraße. Die moderne Skyline war bei Dreharbeiten für einen Jerry-Cotton-Film mit George Nader Kulisse für wilde Verfolgungsjagden mit amerikanischen Autos.
Zwei Jahre später begannen die Bauarbeiten im westlichen Teil mit dem Siedlungsabschnitt nördlich des heutigen Spektesee. Auch hier wählte man eine Bauweise mit offenen Höfen, um ausreichend Raum für Grünflächen zu schaffen. Einige 12-geschossige Punkthochhäuser ragen über die deutlich niedrigeren Zeilenbauten hinaus.
Von 1968 bis 1970 entstand zwischen der Stadtrandstraße und der Straße im Spektefeld ein gestaffelter Häuserblock mit vier bis elf Geschossen und einer kleinen Ladenzeile. Den vorläufigen Schlusspunkt der Wohnungsbaumaßnahmen bildete das Entstehen der Hilfswerksiedlung südlich der Falkenseer Chaussee in den Jahren 1975 bis 1977. Fortgesetzt wurde der Wohnungsbau dann erst wieder kurz nach dem Mauerfall. So schuf man Anfang der 1990er Jahre ein Schub an Neubauten, der zu einer teils unschönen Wohnverdichtung führte. Als „Köder“ wurde den Bewohnern die Erweiterung der U-Bahn ins Falkenhagener Feld in Aussicht gestellt, obwohl eine Wiederinbetriebnahme der S-Bahn deutlich preiswerter gewesen wäre.
Wegen des Mangels an bezahlbaren Wohnungen – auch in Spandau – begann eine Diskussion um eine weitere Wohnverdichtung des Falkenhagener Feldes. Das Stadtplanungsamt sieht in einer Vorstudie zu den Wohnflächenpotenzialen allerdings nur ein Potenzial von 200 Wohnungen. Es wird also nicht noch enger werden.
Grünes Umfeld
Doch das Falkenhagener Feld besteht nicht nur aus Wohnbebauung. Es hat auch viel Grün zu bieten. Ein Grünzug („Die grüne Brücke der Sympathie“) zieht sich von Falkensee bis in die Spandauer Altstadt. Das war jedoch nicht immer so. Vor Jahrzehnten bestand die Gegend noch aus heruntergekommenen Gewerbeflächen und Kleingärten. Die Spekte war bis in die 1930er Jahre ein kleiner Bach, der den Feuchtgebieten des Havellandes entsprang und im Bereich der Altstadt in die Havel mündete. Umfangreiche Renaturierungsmaßnahmen über viele Jahre hinweg haben ein bemerkenswertes Erholungsgebiet nicht nur für das Falkenhagener Feld geschaffen. Spiel- und Bolzplätze bieten auch für die Jüngeren attraktive Möglichkeiten. Der Kiesteich selbst entwickelt sich immer mehr zu einem zentralen Anlaufpunkt für eine sportliche Betätigung. Noch 2013 wird an der Ostseite eine Sportanlage mit Beachvolleyballfeld und 25 Meter hohem Kletterfelsen fertiggestellt. An der Westseite bezieht bald ein großes Sportzentrum des TSV Quartier.
Insgesamt scheinen sich die Einwohner – trotz aller Kritik – im Falkenhagener Feld wohl zu fühlen. Man bleibt hier länger in seiner Wohnung als sonst in Spandau.
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