St. Nikolai-Kirche
Der Backsteinturm der St. Nikolai-Kirche reicht mit seinen 77 Metern weithin sichtbar über die Dächer Spandaus hinaus. Gekrönt ist er seit einigen Jahren wieder von einem barocken Turmabschluss. Er wurde der ursprünglichen Turmspitze nachgebildet, die im Zweiten Weltkrieg Opfer des Feuers wurde. Lange Jahre hatte die Kirche ersatzweise nur ein einfaches Spitzdach.
Besucher können den Turm während einer Führung besteigen und im 7. Geschoss des Turmes – wie einst Fontane – durch acht Öffnungen die weite Sicht über Spandau, nach Berlin und ins Havelland genießen:
„Zu Füßen uns, in scharfer Zeichnung, als läge eine Karte vor uns ausgebreitet, die Zickzackwälle der Festung; ostwärts im grauen Dämmer die Türme von Berlin; nördlich, südlich die bucht- und seenreiche Havel, inselbetupfelt, mit Flößen und Kähnen überdeckt; nach Westen hin aber ein breites, kaum hier und da von einer Hügelwelle unterbrochenes Flachland, das Havelland.“
(aus „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ von Theodor Fontane)
Im Rahmen der Führung empfiehlt sich auch ein Blick in den beeindruckenden weitläufigen Dachstuhl, der das gotische Deckengewölbe einmal aus einer ganz anderen Perspektive zeigt. Im 6. Geschoss können die drei Bronzeglocken besichtigt werden. Die größte von ihnen, die so genannte Dank-Glocke, hat einen Durchmesser von 1,75 Metern und wiegt 3,4 Tonnen.
Bevor wir das Eingangsportal der Kirche durchschreiten, erblicken wir das Denkmal Joachim II. Der frühere Kurfürst der Mark Brandenburg empfing an diesem Ort 1.11.1539 das heilige Abendmahl nach lutherischer Lehre in beiderlei Gestalt (Hostie und Wein) und läutete so die Reformation in der Mark Brandenburg ein, denn in dieser Zeit nahm das Volk automatisch die Religion seines Herrschers an.
Innen erwartet uns eine dreischiffige gotische Halle von fast 42 Metern Länge mit hohen Backsteinsäulen. Der große kunstvolle Altar aus der Renaissance fällt schon von weitem ins Auge. Tritt man näher heran, so fallen an den Seitenflügeln des Altars Abbildungen auf, die den Stifter des Altars, Rochus Guerini Grafen zu Lynar mit seiner Familie zeigen. Unter dem Altar, von hinten über eine kleine Pforte zu erreichen, liegt die Gruft, in welcher der Baumeister der Zitadelle und seine Familie ihre letzte Ruhe fanden.
Links vor dem Altar hat das älteste Kunstwerk der Kirche seinen Platz gefunden: ein bronzenes Taufbecken aus dem Jahre 1398. Rechts ragt eine Kanzel aus dem preußischen Barock empor, die ursprünglich aus der Kapelle des Stadtschlosses in Potsdam stammt. Gestiftet wurde sie von König Friedrich Wilhelm I., der von ihr aus die Ansprachen an seine „Langen Kerls“ hielt.
Eine kleine Kapelle, die „Marien-Kapelle“ in der linke Seite des Kirchenschiffes, wurde vor der Reformation zur Marienverehrung genutzt. In ihr befindet sich heute die Nachbildung der „Spandauer Madonna“, deren Original im Märkischen Museum ausgestellt ist. Unter dem Fußboden der Kapelle sind einige Familienmitglieder der Glienicker Linie derer von Ribbeck bestattet. Einige von ihnen waren Gouverneure der Stadt und Festung Spandaus. Ralf Salecker