Neustadt Spandau – ein Ort der Gegensätze

Man muss das Schöne nur finden wollen …

Vivantes Krankenhaus (Lynar-Krankenhaus) in der Spandauer Neustadt. (Foto: Ralf Salecker)
Vivantes Krankenhaus (Lynar-Krankenhaus) in der Spandauer Neustadt. (Foto: Ralf Salecker)

Die Spandauer Neustadt scheint für viele Menschen nicht besonders attraktiv zu sein. Hohe Arbeitslosigkeit, Migranten, viele Schulabbrecher und ein erheblicher Geschäftsleerstand prägen den Ortsteil. Umso wichtiger ist der Einsatz vieler Initiativen, die sich aktuell um eine positive Entwicklung ihres Lebensumfeldes bemühen.

Erstaunlich, aber wahr: Selbst an diesem wenig beliebten Ort sind spannende Entdeckungstouren möglich. In den vier- oder fünfgeschossigen Bauten aus der Gründerzeit zeigt sich immer noch der Charakter des alten Arbeiterviertels. Es lohnt sich, durch die kleinen Straßen zu schlendern, um das eine oder andere Kleinod zu entdecken. Vieles bleibt dem Unkundigen verborgen. Die freundliche Einladung, sich einen Hinterhof anzuschauen, bringt manchmal Erstaunliches zutage.

Ehemaliges Schulgebäude in der Neustadt Spandau. (Foto: Ralf Salecker)
Ehemaliges Schulgebäude in der Neustadt Spandau. (Foto: Ralf Salecker)

Erst 1903, nach der Aufhebung des Status einer Festungsstadt, konnte Spandau sich weiter ausdehnen. Nördlich der Spandauer Altstadt schossen in der damaligen Oranienburger Vorstadt Mitte des 19. Jahrhunderts die Wohnhäuser aus dem Boden. Spandaus zweitältester Stadtteil entstand. Hier lebten die Arbeiter der Rüstungsbetriebe. Waren 1910 noch 10.000 Menschen in der Rüstungsindustrie beschäftigt, stieg die Zahl bis 1919 auf 70.000. Alle wollten und mussten irgendwo wohnen. Der Bedarf an Waffen und damit auch an Arbeitern war starken Schwankungen unterworfen. Arbeitslosigkeit wurde schon damals zu einem großen Problem.

Einst begrenzten Wallanlagen das Gebiet, auf dem sich die heutige Neustadt befindet. Davon zeugen noch Straßennamen wie Hohenzollernring, Askanierring und Havelschanze.

Heute schlägt das Herz der Neustadt auf dem Lutherplatz mit der prachtvollen Lutherkirche. Zu finden ist er zwischen der Neuendorfer und Schönwalder Straße, nur einen Steinwurf entfernt vom Koeltzepark, der einzigen großen Grünanlage.

Lutherplatz in der Neustadt Spandau. (Foto: Ralf Salecker)
Lutherplatz in der Neustadt Spandau. (Foto: Ralf Salecker)

Der rote Ziegelbau der dreischiffigen Lutherkirche wurde 1895–1896 im Stil von Neoromanik und Neogotik errichtet. 1994–1997 machte man aus der geringen Zahl an Gemeindegliedern eine Tugend und baute kurzerhand neun Wohnungen ein. Zum Sommerausklang 2011 ging ein Projekt unter Beteiligung der Bevölkerung zu Ende, dessen Ziel es war, den Lutherplatz wieder attraktiver zu gestalten. Es tut sich also etwas in der Neustadt.

Schaut man ein kleines Stückchen über die Grenzen des Wohnquartiers hinaus, gelangt man im Norden in den Spandauer Forst und zum Johannesstift. Im Nordosten erstreckt sich der Spandauer See mit den Quartieren der Wasserstadt und dem Maselakepark. Am Ufer der Havel sind kilometerlange Spaziergänge und Radtouren möglich. Wer mag, kann sogar bis nach Kopenhagen radeln. Die Insel Eiswerder lockt mit Natur und Geschichte. Südöstlich, zwischen Neustadt und Altstadt, liegt der Wröhmännerpark. Von hier aus geht es mit Fahrgastschiffen über die Oberhavel. Wenn erst einmal der Flughafen Tegel seine Pforten geschlossen hat, wird in der Neustadt eine ungewohnte Ruhe eintreten. Dies und die Wasserlage wird viele Wohnungssuchende anziehen. Möglicherweise zieht es auch Künstler hierher in den Kiez, wie es in anderen Quartieren geschah. Ein kleiner Anfang ist schon gemacht.

 

Ralf Salecker

 

Luthergemeinde Spandau

 

Quartiersmanagement Spandauer Neustadt

 

 

 

About Ralf Salecker

Ralf Salecker, freier Fotograf und Journalist (www.salecker.info)